Energiepläne der EU-Kommission: Klimapaket in der Kritik

Geld für deutsche Kohleregionen, für AKWs in Frankreich nicht. Ursula von der Leyen hat den Etat zur Umwandlung der Energiewirtschaft geschrumpft.

Das Kraftwerk Bełchatów in Polen ist Europas größtes Wärmekraftwerk und weltgrößtes Braunkohlekraftwerk mit einer Gesamtleistung von 5420 Megawatt.

Das Kraftwerk Bełchatów in Polen ist das weltgrößte Braunkohlekraftwerk Foto: reuters

BRÜSSEL taz | Die EU-Kommission will deutschen Kohleregionen finanziell unter die Arme greifen, den Ausstieg aus der Kernkraft in Osteuropa jedoch ebenso wenig fördern wie den Bau neuer Atomkraftwerke etwa in Frankreich. Dies geht aus einem Entwurf für den „Fonds für den gerechten Wandel“ hervor, den die Brüsseler Behörde am Dienstag vorstellen will.

Der Fonds ist ein zentraler Baustein des „European Green Deal“, den Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt hat. Mit ihrem Plan will die CDU-Politikerin Europa bis 2050 klimaneutral machen. Der Umbau der Wirtschaft soll sozialverträglich abgefedert werden, um Proteste wie bei den Gelbwesten in Frankreich zu vermeiden.

Insgesamt hat die EU bis zu 100 Milliarden Euro versprochen, um den „gerechten Wandel“ zu fördern und die Klimapolitik sozialverträglich zu gestalten. Der erste Entwurf aus Brüssel, der der taz vorliegt, bleibt jedoch weiter hinter diesem Ziel zurück. Darin ist lediglich von 30 bis 50 Milliarden Euro die Rede – verteilt auf sieben Jahre.

Aus dem EU-Haushalt sollen sogar nur 7,5 Milliarden kommen, der Rest wird aus den Töpfen für Regional- und Sozialpolitik abgezweigt. Auch die EU-Staaten sollen in die Tasche greifen, um Regionen wie die Lausitz oder das Rheinland vom „schwarzen Gold“ zu entwöhnen. Wie das 100-Milliarden-Ziel erreicht werden soll, bleibt unklar.

Förderung von Start-ups steht an erster Stelle

Sehr deutlich wird die EU-Behörde hingegen, wenn es um die Ziele des „Just Transition Fund“ geht. An erster Stelle steht die Förderung von Start-ups und kleineren Unternehmen – also klassische Wirtschaftspolitik. Die Umschulung von Kohlekumpeln und die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt kommt hingegen unter ferner liefen.

Für Ärger dürfte auch die Anti-Atomkraft-Klausel sorgen. „Die Stilllegung oder der Neubau“ von AKWs dürfe nicht aus den Mitteln des neuen EU-Fonds gefördert werden, heißt es im Entwurf ausdrücklich. Damit enttäuscht von der Leyen die Hoffnungen der Osteuropäer, aber auch der Franzosen oder Belgier.

Osteuropäer setzen weiter auf Kohle und Atomkraft

Beim letzten EU-Gipfel im Dezember hatten sich Tschechien und Ungarn offensiv für die Atomkraft eingesetzt. Ohne diese umstrittene Technologie sei der Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft nicht zu schaffen, warnte Tschechiens Premier Andrej Babiš. Im Gipfelbeschluss wurde betont, dass mehrere EU-Staaten auf Atomkraft setzen.

Auch in Polen dürfte der Vorschlag aus Brüssel auf wenig Gegenliebe stoßen. Das Land ist mehr als jedes andere auf die Kohle angewiesen. Premier Mateusz Morawiecki weigerte sich im Dezember, das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu unterschreiben. Er will sich erst im Juni festlegen – und auch dann nur zustimmen, wenn er genug EU-Hilfen bekommt.

Kritik kommt von den Grünen

Beim ersten Entwurf kommt die Kommission Warschau jedoch nicht entgegen. Eher sieht es so aus, als verteile von der Leyen die Gelder per Gießkanne. „Der ‚Just Transition Fund‘ wird allen Mitgliedstaaten Unterstützung leisten“, heißt es dort. Auch Deutschland soll profitieren, obwohl der Bund bereits Milliarden für die Kohleregionen angekündigt hat. Dagegen müssen ärmere EU-Regionen mit Kürzungen rechnen. Denn aus den Kohäsions- und Strukturfonds wird Geld abgezogen, um die neue Klimapolitik zu finanzieren.

Aus dem Europaparlament kommt bereits Kritik. Mit „hochgerechneten“ 7,5 Milliarden Euro über 7 Jahre könne man „gar nichts anstellen“, sagte der Grünen-Abgeordnete Niklas Nie­naß. Die EU brauche 100 Milliarden und müsse dafür neue Eigenmittel bekommen, etwa aus der Plastiksteuer.

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