Luxemburg-Liebknecht-Demo in Berlin: Eine Art Geschichtsstunde

20.000 Teilnehmer*innen sind für die Traditionsdemo angemeldet. Aber gehen da auch junge Leute hin? Und wenn ja, warum?

Viele Menschen stehen mit roten Fahnen herum

Rote Fahnen dürfen nicht fehlen beim Rosa+Karl-Gedenken Foto: dpa

BERLIN taz | Am Sonntag ist es wieder so weit: Tausende werden sich bei der Liebknecht-Luxemburg-De­mo vom U-Bahnhof Frankfurter Tor aus aufmachen, um zur Gedenkstätte der Sozialisten am Zentralfriedhof Friedrichsfelde zu ziehen. Dem veranstaltenden Bündnis linker Parteien, Organisationen und autonomen Gruppen geht es wie jedes Jahr am zweiten Januarwochenende darum, „das Gedenken an die Ideen von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht (LL) mit den Forderungen in den Kämpfen unserer Zeit“ zu verknüpfen. Gleichzeitig ist der Gedenkmarsch seit Jahren ein Stein des Anstoßes innerhalb der politischen Linken.

Zuallererst fand am 25. Januar 1919 ein Trauerzug nach Friedrichsfelde statt, um der durch rechtsradikale Militärs ermordeten marxistischen Führungsfiguren zu gedenken. Die Nationalsozialisten wiederum zerstörten 1933 das dortige Mahnmal für „Rosa und Karl“, in der DDR wurde der Gedenkmarsch zum offiziellen Staatsakt und seiner kritischen Elemente beraubt.

Heute gilt die Demonstration vielen als eine Versammlung von ­Ewigges­tri­gen, DDR-Nostalgiker*innen und Stalin- beziehungsweise Mao-­Ver­ste­her*innen. Auch linke Gegenveranstaltungen gab es in den letzten Jahren.Doch was bewegt 2020 junge linke Ber­li­ne­r*innen, sich der Demo mit 20.000 angemeldeten Teilnehmer*innen anzuschließen?

„Es ist schon seltsam, was da für Gruppen mitlaufen“, erklärt Valeria Reimann, die im Landesvorstand der Linksjugend Solid sitzt, der taz. „Ich blende das aber eher aus. Ich gehe zu der Demo, um Leuten zu gedenken, die aus ihrer antimilitaristischen Haltung heraus mit der SPD gebrochen haben, die sich mit der Arbeiterschaft identifiziert haben und dafür ermordet wurden.“

Reimann betont auch, dass sie gewissen linken Splittergruppen nicht das Feld auf der Demo überlassen möchte. „Und trotzdem wollen wir ja in vielem dasselbe.“ Die einzelnen Basisgruppen von Solid würden selbstständig entscheiden, ob sie an der LL-Demo teilnehmen wollen, erklärt Reimann.

„Als junger Linker will ich etwas Neues aufbauen, etwas noch nie Dagewesenes. Dafür muss ich aus der Geschichte lernen“, erklärt Maximilian Schirmer, der für die Linkspartei in der BVV Pankow sitzt und am Sonntag mitlaufen wird. Der Mord an Luxemburg und Liebknecht zeige, wozu Menschen, insbesondere Faschisten fähig seien. Mit der DDR-Tradition der LL-Demo will Schirmer nichts zu tun haben. „Auch aus dieser Geschichte muss man lernen, aber ich bin 1990 geboren. Es mag Menschen geben, die aus Nostal­gie dorthin gehen, aber für die kann ich nicht sprechen.“

Maximilian Schirmer, Linkspartei

„Als junger Linker will ich etwas Neues aufbauen“

Für Schirmer bietet der Gedenkmarsch zudem einen Überblick darüber, wer und was sich im linken Spektrum bewegt und wie sich die Szenen entwickeln. „Letztes Jahr habe ich auf der Demo den Jugendwiderstand beobachtet. Das waren 30 martialische Kerle. Das hat mit progressiver, diverser Politik, wie ich sie will, nichts zu tun. Jetzt haben sie sich ja auch aufgelöst.“ Er bedauert, dass solche Splittergruppen bei der Demo die mediale Aufmerksamkeit beherrschten.

Für das junge, radikale Bündnis „Fight and Remember“, das zu einem „Antifaschistischen-Internationalistischen Block“ aufruft, steht die Demo im Zeichen eines „gehäuften Auftretens faschistischer Anschläge“, dem es entgegenzutreten gelte. „Im Geiste Rosa Luxemburgs, Karl Liebknechts und aller anderen Gefallenen revolutionärer Kämpfe weltweit“ solle man sich dem Zug anschließen, so die Webseite des Bündnisses.

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