Recyclingziele für Kunststoff: Feenstaub trennt Plastikmüll

Wohin mit altem Kunststoff? Das Freiburger Unternehmen Polysecure vereinfacht das Recycling, indem es frühzeitig Marker einsetzt.

Kunststoffwürmchen auf Handflächen

Kunststoffpellets: Die große Kunst ist, eine sortenreine Sortierung hinzubekommen Foto: dpa

FREIBURG taz | Plastik sortenrein trennen – das soll eine neue Technik ermöglichen, die die Freiburger Firma Polysecure gerade entwickelt. Das Verfahren setzt nicht erst in der Sortieranlage an: Verpackungen sollen bereits in der Produktion mit dem Aufdruck eine winzige Markierung mit einem fluoreszierenden Stoff erhalten, die später eine schnelle und zuverlässige Trennung aus dem Abfallstrom ermöglicht.

Bislang ist es gerade einmal möglich, verschiedene Kunststoffarten wie Polyethylen und Polypropylen zu trennen. Doch damit ist noch nicht viel gewonnen. Unterschiedliche Weichmacher oder Stabilisatoren sorgen dafür, dass es so viele verschiedene Sorten von Polyethylen gibt, dass hochwertige Kunststoffe nicht aus einer Mischung dieser Sorten zu produzieren sind.

Will man die Kunststoff-Recyclingquote – wie von der Bundesregierung angepeilt – bis 2022 auf 63 Prozent steigern, muss also ein Verfahren her, das nur exakt identische Kunststoffe zusammenführt. Und ein solches hat Polysecure erarbeitet.

Individuell fluoreszierende Markierung

Bei den Markern, die das Unternehmen einsetzt, handelt es sich um einen mineralähnlichen Stoff auf Basis des Elements Yttrium. Bringt man gezielt Fremdatome in die Kristallstruktur ein, erhält man eine individuelle Fluoreszenz.

Wie der Stoff auftreffendes Licht in unterschiedlichen Farben zurückstrahlt, führt Firmenchef Jochen Moesslein, der Physiker und Betriebswirt zugleich ist, anschaulich vor: Er richtet einen Infrarotlaser auf verschiedene Proben des gräulichen Markerpulvers. Eine leuchtet in hellem Grün, eine andere bläulich-violett. Bislang schaffe man 45 eindeutige Farbcodes, sagt der Unternehmer.

Ganz neu ist das Verfahren auch für Polysecure nicht – zum Schutz vor Plagiaten werde es bereits eingesetzt, sagt der Firmenchef. Er berichtet von einem Unternehmen, das immer wieder minderwertige Ware von Kunden zugeschickt bekam, aber schwer nachweisen konnte, dass die Retouren nur Plagiate waren. Heute wird die Originalware markiert, Produktfälschungen fliegen sofort auf.

Beeindruckend sind die geringen Mengen, die nötig sind: „Wir machen Versuche mit 100 Mikrogramm pro Verpackung“, sagt Moesslein. Das ist ein zehntausendstel Gramm. Von „Feenstaub“ schrieb einmal ein Wirtschaftsmagazin. Der Marker sei chemisch kaum reaktiv, nicht wasserlöslich und bis 800 Grad temperaturstabil. Er könne der Druckfarbe beigemischt werden, und zum Beispiel auf der weißen Fläche des Barcodes der Verpackung aufgebracht werden.

Nicht mit Nanopartikeln zu verwechseln

Eine Feststellung ist Moesslein dabei wichtig: Polysecure arbeite nicht mit Nanopartikeln. So bezeichnet man Teilchen, deren Durchmesser unter 100 Nanometern liegt. Die Wirkung solcher Substanzen auf Mensch und Natur ist noch unklar; die kleinsten unter den industriell verfügbaren Nanopartikeln sind sogar so winzig, dass sie durch die Haut in den Körper eindringen. Solche Stoffe, sagt Moesslein, wolle er nicht in Umlauf bringen. Dafür ist er zu sehr ökologisch sensibilisiert.

Risikokapital fließt hierzulande vor allem in Digitalunternehmen, kaum in Technik, Physik oder Chemie

Ein Jahr werde es noch brauchen, um die Technik zur Marktreife zu entwickeln, schätzt der Unternehmer. Die Industrie zeige sich bereits interessiert.

Hier Investoren zu finden sei nicht selbstverständlich, sagt der 55-Jährige. In Deutschland fließe derzeit das meiste Risikokapital in Digitalunternehmen. In der Technik, Physik, Chemie, bleibe derweil manche gute Idee auf der Strecke.

Die Vision, die das 14-köpfige Polysecure-Team umtreibt, klingt jedenfalls gut: „Unser Ziel ist es“, sagt Moesslein, „Kunststoffrezyclat zu ermöglichen, das die gleiche Qualität hat wie Neuware“. Idealerweise sogar billiger.

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