Verzögerungen beim Humboldt Forum: Bodenlose Berlin-Ausstellung

Die Räume für die Berlin-Schau sind nicht fertig. Dabei war die Übergabe für Mitte 2018 vorgesehen. Der Kultursenator drückt aufs Tempo.

Mehrere Menschen stehen um eine tür aus Metall herum

Die Tresor-Tür ist schon da. Wann kommt der Rest der Exponate der Berlin-Ausstellung? Foto: dpa

Die Freude war groß, als an einem Dienstag im Juni die Tür des legendären Berliner Technoclubs Tresor im Humboldt Forum Einzug hielt. 2,30 Meter hoch, 2,7 Tonnen schwer: Ein Monstrum aus Stahl, das viel von den Goldenen Zwanzigern erzählt, von Verfolgung und Krieg, von der Teilung der Stadt und vom enthusiastischen (Party-)Aufbruchsgeist nach der Wende. Ein tolles erstes Exponat der Berlin-Ausstellung im Berliner Schloss.

Doch: Es folgte nicht viel nach dieser Tür, nicht im Juli, nicht im August und auch nicht später. Ein guter Teil der rund 100 für die Berlin-Ausstellung vorgesehen Exponate konnte noch nicht aufgestellt werden. Denn so, wie sich die Eröffnung des gesamten Gebäudes verschiebt, verzögert sich die Übergabe der Räume für die Berlin-Schau. Sie soll auf 4.000 Quadratmetern im ersten Obergeschoss die Geschichte der Stadt zeigen, organisiert von der landeseigenen Kulturprojekte GmbH zusammen mit dem Stadtmuseum.

„Eigentlich sollte die Ausstellungsfläche schon vor sehr vielen Monaten an uns übergeben werden“, sagte Kultursenator Klaus Lederer (Linke) der taz. „Wir können also leider mit der Einrichtung der Berlin-Ausstellung noch nicht beginnen.“

Schon 2016 war dafür der heutige Direktor der Stiftung Stadtmuseum, Paul Spies, nach Berlin geholt worden. Spies hatte zuvor in Holland das Amsterdam Museum aus dem Dornröschenschlaf geholt. Nun soll er versuchen, statt absehbarer Erfolgs- eher die widersprüchlichen Geschichten zu erzählen, die von der Weltstadt, der Provinz, der grünen Oase und der verspäteten Hauptstadt.

Im November hat der Haushaltsausschuss des Bundestages die Kostensteigerung von 49,2 Millionen Euro für das Humboldt Forum abgesichert. Durch die Verzögerung beim Bau des rekonstruierten Stadtschlosses steigen die Kosten auf nun 644,2 Millionen Euro. „Inf Folge der seit 2015 anhaltend gestörten Bauabläufe, insbesondere in der Gebäudetechnik, können zusätzlich anfallende Kosten projektintern nun nicht mehr ausgeglichen werden“, hieß es. Die Mehrkosten entfallen komplett auf den Bund. 2011 hatten Bund und Land vereinbart, dass sich Berlin nicht an Mehrkosten beteiligt. Damit bleibt der Berliner Anteil bei 32 Millionen Euro.

Ursprünglich sollte das Forum im November eröffnet werden. Im Juni war der Start dann auf September 2020 verschoben worden. Die Eröffnung soll in drei Etappen bis Sommer 2021 erfolgen. Im 40.000 Quadratmeter umfassenden Kultur- und Ausstellungszentrum werden die Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz die meisten Flächen bespielen, auch das Land und die Humboldt-Universität ziehen mit Ausstellungen ein. (dpa)

Lederer kritisiert das Humboldt Forum, ein 600-Millionen-Projekt, das im Wesentlichen aus Bundesmitteln finanziert wird. „Viele versprochene Übergabetermine wurden gerissen.“ Und die Mehrkosten, die durch die Verschiebung der Eröffnung entstehen, „müssen wir selbst tragen“, so der Senator. Laut Franziska Schönberner, Sprecherin der Kulturprojekte GmbH, geht es um mehr als 2 Millionen Euro, wie sie auf taz-Anfrage mitteilte.

Es scheint also, als reihe sich die Schlossreplik ein in die lange Liste der Berliner Bauprojekte, deren Fertigstellung immer wieder verschoben werden muss. Bereits für „Sommer 2018“ sei die Übergabe der Flächen vorgesehen gewesen, berichtet Franziska Schönberner. Später sei von „Anfang 2019“ die Rede gewesen. Immerhin eine „Zwischenüberlassung erster Flächen“ sei im Frühjahr 2019 erfolgt.

Politisch verantwortlich für die Eröffnung des Humboldt Forums ist Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). Sie hat derzeit mehrere kulturpolitische Baustellen. Die Kosten für ihr museales Vorzeigeprojekt, das Museum der Moderne am Kulturforum, steigen exorbitant. Ursprünglich waren 200 Millionen Euro vorgesehen; zuletzt gab sie dem Bundestag das Versprechen, dass es nicht teurer wird als 450 Millionen. Dabei gilt als wahrscheinlich, dass die Kosten weiter steigen.

Klaus Lederer, Kultursenator

„Wir können weder ewig warten noch zaubern“

Im Mai 2019 musste Grütters zudem die für November angekündigte Eröffnung des Humboldt Forums auf September 2020 verschieben. Und nur dadurch ist offenbar gewährleistet, dass auch die Berlin-Ausstellung rechtzeitig fertig wird. „Wir haben unsere Zeitplanung angepasst und werden die Berlin-Ausstellung trotz der verspäteten Überlassung der Flächen pünktlich zum Eröffnungstermin des Humboldt Forums fertigstellen“, verspricht Kulturprojekte-Sprecherin Schönberner. Lederer drückt aufs Tempo: „Wir haben ein paar Puffer drin, aber wir können weder ewig warten noch zaubern.“

Doch Unwägbarkeiten bleiben, wie oft in Berlin. Laut Schönberner soll die Gesamtfläche „ab Ende dieses Monats“ nutzbar sein, allerdings seien „weitere Mängelbeseitigungen“ noch nötig. Offenbar ist das Hauptproblem der fehlende Boden in einem guten Teil der Ausstellungsräume. Warum es so schwierig ist, dieses Problem zu beheben, blieb am Dienstag unklar.

Bernd Wolter, Sprecher des Humboldt Forums, erklärte, dass die „Mängel an dem hochwertigen Fußbodenbelag“ in Kürze behoben seien. Was im Zusammenhang mit dem Humboldt Forum „in Kürze“ bedeuten soll, blieb ebenso offen. Es ist also durchaus möglich, dass die Tresortür noch etwas länger verloren in der Ausstellung herumstehen wird.

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