Neue Angriffe im Kongo: Verworrene Fronten

Die Toten der Proteste vom Montag werden in Beni zu Grabe getragen – und schon wieder gibt es nächtliche Massaker. Unklar ist, wer die Täter sind.

Rauch steigt über eine Stadt auf

25. November: Die brennende UN-Basis von Beni, im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo Foto: ap

BUTEMBO taz | Die Jugendlichen marschierten diszipliniert wie bei einer Parade. Auf ihren T-Shirts prangte das Gesicht ihres toten Kameraden: Obadi Kanzogha, Aktivist der Bürgerrechtsgruppe „Lucha“ (Kampf für den Wandel), der am Montag in der Stadt Beni bei einer Demonstration gegen die UN-Blauhelmmission im Kongo (Monusco) erschossen wurde. Er wurde an diesem Mittwoch öffentlich zu Grabe getragen.

Zeitgleich raste eine traurige Militärkolonne durch das Städtchen Oicha 30 Kilometer weiter nördlich. Auf einem offenen Transporter lagen 14 Leichen, gestapelt wie Holzscheite. Die Armee brachte sie zur Leichenhalle: Zivilisten, die in der Nacht zuvor von mutmaßlichen Rebellen der ADF (Allied Democratic Forces) im Dorf Maleki 13 Kilometer außerhalb der Stadt massakriert worden waren.

Oichas Bürgermeister Nicolas Kikuku kann es nicht fassen: „Es ist schrecklich“, sagt er. „Ich verstehe gar nichts mehr. Noch nie haben sie auf dieser Seite der Landstraße getötet. Jetzt kommen sie und erschlagen die Leute im Schlaf. Der Feind hat seine Strategie geändert, um der Armee zu entkommen, die ihn jagt.“

Seit zehn Tagen mordet die ADF im Umland rund um Oicha, vorzugsweise nachts. Kongos Armee hat Anfang November eine Großoffensive gegen die ursprünglich ugandische Rebellengruppe gestartet. Jeden Tag wird nun der Wald entlang der großen Straße, die durch diese Region von Norden nach Süden führt, mit schwerer Artillerie beschossen.

Am Montag kündigte die Armee gemeinsame Operationen mit der Monusco-Blauhelmtruppe an.

Lokale Milizen gegen ADF und gegen Armee

Aber die ADF ist seit einemh Vierteljahrhundert in diesen Wäldern präsent, sie ist sehr mobil, bewegt sich nachts und kennt die Gegend. „Wir unterstützen einhellig die Armee, aber sie muss ihre Strategie verändern“, kritisiert der Wahlkreisabgeordnete von Oicha, Jean-Paul Naghangondi. „Sie muss den Nahkampf suchen, so wie früher unter General Bahuma.“

Die Lage wird dadurch verkompliziert, dass lokale Milizen, genannt Mai-Mai, versuchen, auf eigene Faust die ADF von der Zivilbevölkerung fernzuhalten und sich auch mit der Armee anlegen. Eine Mai-Mai-Miliz unter Kommando eines gewissen Kyantenga hält seit September die Region um Samboko besetzt, hat die Polizeiwache abgefackelt und Häuser geplündert.

So ist unklar, wer genau die Täter der Massaker rund um Oicha sind. „Wir können das nicht zuordnen“, meint Bürgermeister Kikuku.

Ebenso unklar ist, wer in dieser Lage erneut die Bekämpfer des Ebola-Virus angreift. In der Nacht zu Donnerstag wurden die Ebola-Bekämpfungsteams in Benis Stadtvierteln Mangina und Byakato zeitgleich angegriffen. In Bya­kato wurden drei Ebola-Bekämpfer getötet, drei verletzt und vier sind verschwunden. Zelte und Autos wurden angezündet.

Simbo Nyion Déo, der nach Byakato geflohene Ortsvorsteher von Lwemba, wo Milizionäre vor Wochen einen in der Ebola-Prävention engagierten Journalisten ermordet hatten, hat nun Angst. „Wo soll ich denn nun mit meiner Familie hin? Ich bin vor diesen Milizen hierher geflohen, und jetzt kommen sie hinterher.“

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