Schadensausgleich nach Moorbrand: Bundeswehr lässt sich Zeit

Der durch die Bundeswehr 2018 verursachte Moorbrand bei Meppen ist ein ökologisches Desaster. Eine Resolution des Nabu dringt auf Konsequenzen.

Rauch steigt von den verbrannten Flächen auf dem Moor in Meppen.

Verbranntes Moor: fahrlässige Zerstörung eines ein­maligen Öko­systems Foto: dpa

OSNABRÜCK taz | Der 3. September 2018 ist ein schwarzer Tag für die Bundeswehr: Ein Kampfhubschrauber, ein „Eurocopter Tiger“, schießt mit 70-mm-Luft-Boden-Raketen das Moor im Naturschutzgebiet Tinner Dose-Sprakeler Heide in Brand. Das Moor ist Teil der Wehrtechnischen Dienststelle 91 (WTD 91) in Meppen – und der Boden ist in jenem September knochentrocken.

Was dann folgt, bezeichnet der Bericht, den das Verteidigungsministerium Ende Januar 2019 vorgelegt hat, als „Mängel, die u. a. materielle, personelle, organisatorische und Ausbildungsdefizite betreffen“: Das Moor brennt und schwelt mehr als einen Monat lang. Zwölf Quadratkilometer weit dehnt sich der Brand aus. Bis zu 60 Zentimeter tief dringt er in den Boden ein. Bis Bremen ist sein Rauch zu sehen, bis Hamburg zu riechen. 17 Millionen Euro kosten Löscheinsatz und Entschädi­gun­gen.

Aber damit ist es nicht getan. Auf WTD 91 wird zwar schon seit Monaten wieder geschossen. Der Beweis, dass die Bundeswehr rückhaltlos Verantwortung übernimmt, steht jedoch noch aus.

Biologe Andreas Peters macht das wütend. Am 21. September 2019, auf den Tag genau ein Jahr nach der Durchsuchung der WTD 91 durch Polizei und Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der fahrlässigen Brandstiftung, hat der Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) Osnabrück und des Umweltforums Osnabrücker Land auf der Landesvertreterversammlung des Nabu Niedersachsen in Rinteln eine Resolution zum Moorbrand initiiert. Die Resolution erinnert an die „unwiederbringlichen Schäden für dieses einmalige Ökosystem“, an die geschätzt mehr als 500.000 Tonnen CO2, die der Brand insgesamt freigesetzt hat: „Es darf in Zeiten der Klimakrise und des Artensterbens nicht sein, dass sich der Bund hier womöglich aus der Verantwortung stiehlt.“

Resolution des Nabu Niedersachsen zum Moorbrand bei Meppen

„Es darf in Zeiten der Klimakrise und des Artensterbens nicht sein, dass sich der Bund hier womöglich aus der Verantwortung stiehlt“

Der Nabu erwartet, dass die Bundeswehr, als Betreiberin des Schießplatzes, und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, als Eigentümerin weiter Teile des Geländes, auch den „Ausgleich des Klima- und des Umweltschadens übernehmen“. Andreas Peters, dessen Osnabrücker Nabu seit 35 Jahren Moorschutz betreibt, sagt: „Nicht, dass das einfach so im Sande verläuft.“ Wiedervernässungsmaßnahmen fordert der Nabu, Abtorfungsstilllegungen durch Flächenkauf durch das Verteidigungsministerium.

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben will diese Forderungen nicht kommentieren. All das liege „vollständig in der Zuständigkeit der Bundeswehr“, sagt Thorsten Grützner, Zen­trale Bonn.

Nadine Krüger, eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums, sagt, die Bundeswehr unterstütze „das unabhängige Thünen-Institut“, das derzeit „den Umfang des Klimaschadens berechnet und einen Vorschlag zur Einstufung in dem Nationalen Inventarbericht zum Deutschen Treibhausgasinventar abgibt“. Auf dieser Basis werde über „eine mögliche Kompensation“ entschieden.

Bereits in der Vergangenheit habe die Bundeswehr „umfangreiche Maßnahmen zur Wiedervernässung des Moores durchgeführt“. Das führe man „kontinuierlich fort“, so Krüger. Darüber hinaus werde „ein Konzept zur Wiedervernässung weiterer Teile des Moores“ erarbeitet. Konkretes nennt sie nicht.

Nur dies: Mitte Juli 2019 sei beschlossen worden, eine Wiedervernässung des Riefmoores einzuleiten. Das ist rund 70 Hektar groß. Besser gesagt: klein, im Vergleich zum Rest des Geländes.

In einem Zehn-Jahre-Monitoring, kündigt der Bericht ihres Ministeriums vom Januar 2019 an, werden „die Lebensraumtypen, Biotope und das Artenvorkommen beobachtet und daraus mittel- und langfristig erforderliche Maßnahmen abgeleitet“. Klingt nicht so, als ob hier schnell was passiert. Klingt eher nach der Hoffnung, dass schon irgendwie Gras über die Sache wächst, möglichst folgenlos.

Auch Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) besteht darauf, dass die Schäden an Natur und Klima „zügig“ ausgeglichen werden. Darauf hat er schon Anfang des Jahres gedrängt, beim „runden Tisch zum Moorbrand im Emsland“ in Hannover, zu dem Umwelt- und Naturschutzverbände suspekterweise keine Einladung erhielten. Die Bundeswehr müsse „für die Wiederherstellung Gelder in den Natur-, Arten- und Moorschutz sowie für Klimaschutzmaßnahmen investieren“. 50 Millionen Euro bringt er dabei ins Gespräch.

Eine Chance für Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, für Klima und Umwelt wirklich den „Turbo“ einzulegen. Diesen Turbo hatte sie allerdings bereits Anfang September 2019 im ARD-„Sommerinterview“ versprochen. Noch ist nichts geschehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.