Rassismus im US-Wrestling: Routiniertes Aussitzen

Ein WWE-Wrestler wirft seinem Arbeitgeber Rassismus vor. Ähnlich wie beim Fall Hulk Hogan reagiert das Unternehmen unsouverän.

Hulk Hogan vor Rednerpult

Redet sich um Kopf und Kragen: Hulk Hogan auf einer Pressekonferenz Foto: Ahmed Yosri/reuters

„Ich hasse dieses scheiß Unternehmen und alles, wofür es steht“, twitterte Jordan Myles zuletzt in einem mit Schimpfwörtern überfrachteten Video. Der 31-jährige, der in den Shows des weltgrößten Wrestling-Veranstalters World Wrestling Entertainment (WWE) auftritt, will gekündigt haben – und die WWE hat mal wieder ein mittelgroßes Rassismus-Problem.

Zumindest nach Myles’ Ansicht: Denn es geht um ein schwarzes T-Shirt, einen Fan-Artikel mit Myles’ Namen auf der Brust. In rot eingefassten weißen Lettern steht da „Jordan Myles“ – das Design soll an einen lachenden Mund erinnern. Myles aber sieht darin eine Anspielung auf das umstrittene „Blackfacing“, aus Film- und Theaterwelt stammend. Damals spielten weiße Darsteller schwarze und grotesk stereotype schwarze Charaktere.

Dabei habe laut WWE ein komplett anderer Grund für das Design vorgelegen: Insider berichten, der ikonische Kussmund der Rolling Stones sei Inspiration für das Myles-Logo gewesen.Dass Myles überhaupt ein eigenes T-Shirt bekommen hat, ist schon selbst ein Kuriosum. Denn der Wrestler, der unter anderen Namen bereits jahrelange Erfahrung bei anderen Shows gesammelt hat, ist bei der WWE keine große Nummer, sondern spielt noch eine Nebenrolle in den wöchentlichen Shows der „NXT“-Reihe, in der auch Talente ausgebildet werden.

„Das ist ein Schlag ins Gesicht jedes afroamerikanischen Wrestlers und Fans“, wütete Myles aber weiter. So sehr, dass sogar vermutet wird, der mit seinem Status unzufriedene Myles wolle seinen Rauswurf provozieren, um wieder in anderen Shows auftreten zu können – und nutze das T-Shirt als Anlass. Allerdings gab es bis heute keine Bestätigung, dass Myles tatsächlich gekündigt hat. Auf der WWE-Website wird er noch immer als Wrestler der „NXT“-Sendung geführt.

Hulk Hogan in Bedrängnis

Tatsächlich braucht das an der Börse geführte und stets auf sein Image so bedachte Unternehmen nicht einen erneuten Rassismus-Skandal – in der jüngeren Vergangenheit wurde nicht immer sehr souverän mit derart schwerwiegenden Vergehen umgegangen. Wrestling-Ikone Hulk Hogan stolperte 2015 über ein geleaktes Video aus dem Jahr 2008, in dem er über sich selbst sagte: „Ich bin ein Rassist, bis zu einem gewissen Punkt“ – und im weiteren Verlauf das Repertoire an rassistischen Beleidigungen durchdeklinierte.

In der Folge kappte die WWE alle Verbindungen – Insider vermuten aber, die WWE warte nur auf den Moment, in dem sich die Aufregung um Hogans Äußerungen wieder legen würde, um ihn dann zurückzubringen. Und tatsächlich: Seit Mitte 2018 darf der so übel gefallene Grande wieder in WWE-Shows auftreten – doch nicht alle afroamerikanischen Wrestler des Veranstalters nahmen Hogan seine – oft ungelenk formulierten – Entschuldigungen ab.

„Ich konnte keine wirkliche Reue in seinen Worten ausmachen“, kritisierte unter anderem Wrestler Titus O’Neil, nachdem der Rückkehrer Worte an den gefüllten Umkleideraum backstage gerichtet hatte. Mittlerweile scheinen die Wogen aber vergleichsweise geglättet.

Im vergangenen Mai wurde dazu öffentlich, dass der als vielversprechendes Talent gehandelte Lars Sullivan vor Jahren in einem Bodybuilding-Forum regelmäßig loshetzte, gegen ziemlich alles und jeden, von Afroamerikanern über Muslime und Mexikaner bis hin zu Homosexuellen.

Als das öffentliche Echo größer wurde, veröffentlichte die WWE eine Erklärung in Sullivans Namen: „Es gibt keine Entschuldigung für die unangebrachten Be-merkungen, die ich vor Jahren gemacht habe. Sie repräsentieren weder meine persönlichen Überzeugungen noch wer ich heute bin, und ich bitte jeden um Vergebung, den ich belei-digt haben sollte.“Dazu gab es 100.000 US-Dollar Strafe und verordnetes „Sensibilitätstraining“ durch die WWE.

Anfang Juni zog sich Sullivan eine schwere Knieverletzung zu und wird noch Monate fehlen – man möchte fast sagen: So kann die WWE ein weiteres Problem aussitzen.Aktuell scheint ein Ausweg schwierig – eine Entlassung würde ebenso kritisiert werden wie eine forcierte Weiter-anstellung. „Ich werde weitermachen, bis meine Stimme gehört wird“, kündigte Myles derweil an. Ob das mit dem „Aussitzen“ für die WWE also erneut klappt, bleibt abzuwarten.

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