Tesla-Fabrik in Brandenburg: „Entscheidung passt in die Zeit“

In Brandenburg sind schon viele Großprojekte wie Cargolifter gescheitert. Tesla jedoch hat Zukunft, sagt Christian Amsinck vom Unternehmensverband.

Ein mensch geht an einem Geschäft am Kudamm vorbei

Der Showroom am Ku'damm ist schon da, jetzt soll die Fabrik folgen Foto: dpa

taz: Herr Amsinck, ist der Bau einer Automobilfabrik eine Investition mit Zukunft?

Christian Amsinck: Allenthalben machen sich die Menschen, die Industrie und die Politik Gedanken über die Mobilität der Zukunft. Wenn jetzt ein wichtiges Unternehmen wie Tesla und ein Trendsetter in diesem Bereich wie Elon Musk die Chance bietet, in Berlin und Brandenburg einen Produktionsstandort zu bauen, dann sollten wir unbedingt zugreifen. Die Menschen wollen ja Mobilität, auch individuelle – allerdings haben sich die Rahmenbedingungen verändert.

Autos sind also noch ein Zukunftsmarkt in Deutschland?

Ja, sie sind sogar weltweit ein Zukunftsmarkt. Und Tesla konzentriert sich ja nicht nur auf Berlin: Auch für Schanghai als Produktionsstandort hat sich das Unternehmen entschieden, um sich den chinesischen Markt zu erschließen. Dass wir für Europa den Zuschlag kriegen, kann uns schon ein bisschen stolz machen.

Tesla baut eher teure Fahrzeuge. Ist das ein starkes Marktsegment?

Bei der Elektromobilität stehen wir vor zwei Herausforderungen: dem Preis und der Reichweite. Ich weiß, dass auch alle anderen Hersteller hier in der Region und darüber hinaus – also Daimler, Volkswagen und BMW – an diesen Herausforderungen arbeiten. Je größer also die Produktion und der Markt ist, umso interessanter wird auch der Preis für die Käufer. Mit Tesla kommt für die deutschen Hersteller ein ernstzunehmender Wettbewerber. Aber ich denke, sie haben die Zeichen der Zeit erkannt.

Tesla-Chef Elon Musk hat am Dienstagabend überraschend bei der Verleihung des "Goldenen Lenkrads" in Berlin angekündigt, seine europäische Fabrik im Umland von Berlin zu bauen. Das Werk solle in der Nähe des geplanten Hauptstadtflughafens BER entstehen. Die "Gigafactory" soll zunächst den künftigen Kompakt-SUV Model Y sowie auch Batterien und Antriebe bauen.

Die geplante Fabrik des Elektroautoherstellers Tesla soll allein in Brandenburg nach Angaben der Berliner Wirtschaftsverwaltung 6.000 bis 7.000 neue Stellen schaffen. "Wichtig war für Tesla deshalb die Nähe zu Berlin sowie zum neuen Flughafen BER", sagte eine Sprecherin am Mittwoch mit Blick auf die Fachkräfte in der Hauptstadt. Tesla plant demnach auch ein Entwicklungs- und Designzentrum in Berlin. Wie viele zusätzliche Arbeitsplätze dort entstehen sollen und welche Standorte dafür diskutiert werden, wurde zunächst nicht bekannt. In den vergangenen Monaten habe es intensive Gespräche zwischen Berlin, Brandenburg und Tesla gegeben, sagte die Sprecherin. (dpa)

Gibt es in der Region Berlin und Brandenburg überhaupt genügend entsprechend ausgebildete potenzielle Mitarbeiter für die Fabrik, die ja mehrere tausend Jobs schaffen soll?

Ich vermute, dass die Standortlage eines der Motive für Elon Musk war, sich für Brandenburg zu entscheiden: Es gibt dort die Fläche und in Berlin die entsprechende Wissenschaftslandschaft, Fachkräfte und eine große Start-up-Community. Er ist ja nicht der Erste, der deswegen nach Berlin kommt. Aber natürlich schütteln auch wir so viele Fachkräfte nicht aus dem Ärmel.

Wo sollen die herkommen?

Es werden sehr viele IT- und Softwarespezialisten gebraucht: Dafür sind in Berlin und Brandenburg viele Lehrstühle an den Hochschulen rund um das Thema Digitalisierung eingerichtet worden. Und es wird noch mehr passieren. Was die klassische Produktion angeht: Da muss in die Ausbildung und die Weiterbildung investiert werden. Und es werden sich sicher Menschen aus Deutschland und darüber hinaus um diese Jobs bewerben.

Bisher war Deutschland nicht das Vorbildland für Elektromobiliät. Befürchten Sie eine Kannibalisierung, dass also Tesla den anderen Unternehmen die Arbeiter wegnimmt?

Der Arbeitsmarkt ist in diesem Bereich angespannt. Aber Automobilproduktion hat in Deutschland eine lange Tradition. Und ich denke, dass die entsprechenden Unternehmen ihre Anstrengungen bei Aus- und Weiterbildung erhöhen werden. Das hat in der Vergangenheit funktioniert und das wird weiterhin funktionieren.

Christian Amsinck, Jahrgang 1958, ist Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB).

Angeblich soll die Fabrik schon 2021 fertig gebaut sein. Halten Sie das für realistisch?

Tesla formuliert immer ehrgeizige Ziele. Deutschland hingegen ist ja nicht bekannt für schnelle Genehmigungsverfahren. Aber die brandenburgische Landesregierung hat bisher offenbar einen guten Job gemacht und ich setze darauf, dass sie die richtigen Rahmenbedingungen schafft. Und dass der BER fertig wird.

Brandenburg ist gebrandmarkt durch Großprojekte, die in der Vergangenheit spektakulär scheiterten, etwa den Cargolifter oder die Chipfabrik in Frankfurt (Oder). Warum soll das mit Tesla funktionieren?

Es stimmt, Brandenburg ist nicht das klassische Industrieland. Und auch ein solches Projekt muss natürlich Hand und Fuß haben. Aber diese Entscheidung passt in die Zeit.

Computerchips galten in den 90ern auch als Zukunftsmarkt. Trotzdem ging es schief. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die Branchen nicht.

Für Tesla und Elektroautos gilt: Der europäische Markt ist groß und die Automobilindustrie stellt sich gerade auf die veränderten Rahmenbedingungen ein.

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