Pressefreiheit und Rechtsextremismus: Gemeinsam gegen Angriffe

Rechtsextreme und Neonazis bedrohen Journalist*innen. In einem Aufruf fordern Medienverbände und Redaktionen besseren Schutz vom Staat.

Pappschildchen mit der Pegida-Aufschrift "Wahrheit statt Lügenpresse"

Rechte wollen Journalisten fertigmachen – und das nicht nur mit Parolen Foto: dpa

Sie wollen nur eins: dass die Jour­nalist*innen sich verkriechen. Dass ihnen das alles zu heißt wird, zu unbequem, zu anstrengend. Dass sie Schluss machen mit den Recherchen über rechtsextreme Netzwerke.

Deswegen wenden Neonazis bei Journalist*innen Zermürbungstaktiken an. Zum Etwa bei David Janzen, der unter anderem für den „Störungsmelder“ von Zeit Online über die rechte Szene schreibt. Im Oktober wurde die Tür von Janzens Haus beschmiert und Chemikalien in seinen Briefkasten gekippt. Tatverdächtig ist ein Mann aus der rechten Szene Braunschweigs.

Oder Fotograf André Aden, der seit Jahren für das Netzwerk „Recherche Nord“ Versammlungen der Szene dokumentiert und dafür mehrfach umziehen musste, wegen Morddrohungen, die ihm nicht selten direkt ins Gesicht gesagt werden. Oder Julian Feldmann, der für den NDR arbeitet und gegen den die niedersächsische NPD namentlich zur Demonstration am kommenden Samstag in Hannover aufgerufen hat.

Es geht darum, dass die Jour­na­list*innen unter dem Druck zusammenbrechen, sich allein gelassen fühlen. Die Taktik hätte keine Chance, wenn diese Journalist*innen sich des Schutzes von Behörden, Justiz und Polizei sicher sein könnten.

Es geht um Pressefreiheit

Viele Journalist*innen, Medienverbände und Redaktionen haben deshalb vergangene Woche einen Aufruf unterzeichnet, sich solidarisch mit den drei Kollegen erklärt und zugleich bessere Maßnahmen zu ihrem Schutz gefordert. Dem Aufruf, der am Freitag unter anderem über die Seite der Gewerkschaft Verdi und über Zeit Online veröffentlicht wurde, schlossen sich 20 Medienverbände, 17 Redaktio­nen und 450 Einzel­per­sonen an, auch Redakteur*innnen aus der taz.

„Angriffe auf Journalist*in­nen und Eingriffe in deren Privat­leben sind mittlerweile keine Seltenheit mehr“, heißt es im Aufruf. Und: „Ziel der extremen Rechten ist es, Jour­na­list*innen fertigzumachen, bis sie ihre Arbeit aufgeben.“ Gefordert werden konkrete Maßnahmen zum Schutz von Jour­nalist*innen, die von rechts bedroht werden – seitens Gesetzgebung, Justiz und Polizei.

Was Journalist*innen, die über den rechten Rand aufklären, zum Nachteil werden kann: eine Rechtslage, die ihre Identität nicht schützt, Behörden oder Polizei, die nicht ausreichend geschult sind, und – ganz allgemein – ein fehlendes Verständnis der Behörden dafür, dass es um nicht weniger als die Pressefreiheit geht.

Geringe Hürden für Rechte

Freie Journalisten, die eine Webseite oder ein Blog betreiben, unterliegen der Impressumspflicht. Sie sind gesetzlich verpflichtet, ihre berufliche Adresse ins Netz zu stellen – die bei vielen mit der Privatadresse identisch ist. Der Aufruf fordert hier eine Ausnahmeregelung für gefährdete Personen. Aber auch über eine „einfache Auskunft“ beim Melderegister lässt sich jemandes Anschrift herausfinden. Die Hürden sind dafür nicht besonders hoch.

Immerhin: Nach dem Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke prüft das Justizministerium einen vereinfachten behördlichen Weg für gefährdete Gruppen, eine Auskunftssperre zu beantragen. Für Journalist*innen etwa, die schon einmal auf einer sogenannten „Todesliste“ standen und deshalb umziehen, muss das schnell und unkompliziert gehen.

Vor genau einem Jahr wurden Journalisten im thüringischen Fretterode während einer Neonaziveranstaltung von der Polizei bei ihrer Arbeit behindert. Die Beamten drohten dabei zwei Fotografen damit, ihre Privatanschrift an Neonazis herauszugeben. Das war wenige Monate nach dem „Hutbürger“-Fall in Dresden, bei dem die Polizei schon ein Kamerateam des MDR über Stunden festgesetzt hatte.

Schulungen für Polizist*innen

Im Interview mit der taz sagte der thüringische Innenminister Georg Maier (SPD) zum Fall Fretterode, den Beamten habe die Vorbereitung gefehlt: „Es fehlt einfach das Erfahrungswissen über zugespitzte Auseinandersetzungen zwischen Pressevertretern und rechtsradikalen Veranstaltungen.“

Dabei gibt es diese Konfrontationen nicht erst seit gestern. Der Aufruf vom Freitag fordert denn auch „bundesweit verpflichtende Schulungen von Polizist*innen für den Umgang mit Medienvertreter*innen“.

Erst wenn Journalist*innen sich darauf verlassen können, dass das Gesetz, die Behörden und nicht zuletzt die Häuser, für die sie arbeiten, uneingeschränkt hinter ihnen stehen, erst dann laufen die Zermürbungstaktiken der Rechten ins Leere.

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