Rauchverbot in Österreich: Kneipen ohne Kippen

Ab 1. November gilt in Österreichs Gastronomie absolutes Rauchverbot. Halten sich die Gäste nicht daran, zahlt der Wirt bis zu 10.000 Euro.

Kellner trägt ein Tablett mit Kaffee und Wasser. An der Tür steht: Bitte nicht rauchen!

Kännchen und rauchen in Österreich ab 1. November nur noch draußen Foto: Helmut Fohringer/picture alliance

WIEN taz | Im Jugendstil-Café Rüdigerhof, unweit der Wiener Innenstadt, gibt es am Donnerstag Live-Musik und Gratis-Zigaretten. Bis Mitternacht. Dann werden die Gäste zum Paffen in den herbstlich kühlen Garten entlassen. In den Szene-Lokalen des berüchtigten Bermuda-Dreiecks nahe dem Donaukanal wird die Mitternachtsstunde wie zu Silvester heruntergezählt.

Ob mit ähnlicher Feierlaune und im Halloween-Kostüm, wird sich zeigen. Denn ab 1. November gilt in Österreichs Gastronomie absolutes Rauchverbot. Zumindest in Wien dürfte das ziemlich humorlos durchgesetzt werden.

Ab der Geisterstunde werden die Kontrollore ausschwärmen und ihre Nasen in die Innenräume der Bewirtungsbetriebe stecken. Zur Kasse gebeten werden nicht die ungehorsamen Kunden, sondern die Wirte. 800 Euro drohen beim erstmaligen Verstoß, das kann sich schrittweise bis 10.000 Euro steigern.

Eigentlich hätte das Gesetz schon im Mai 2018 in Kraft treten sollen. So hatte es die rot-schwarze Regierung unter Christian Kern (SPÖ) vor zwei Jahren beschlossen. Doch als Sebastian Kurz die Koalition aufkündigte und nach den Neuwahlen 2017 die FPÖ in die Regierung holte, hieß es: Kommando zurück!

Freiheit und Gemütlichkeit

Der Raucher Heinz-Christian Strache, dank Kurz zum Vizekanzler geadelt, machte das Kippen des Gesetzes zur Koalitionsbedingung. Man argumentierte mit Freiheit, Gemütlichkeit, Tradition und nicht zuletzt mit den wirtschaftlichen Interessen der Gastronomen. Strache ist bekanntlich vor einem halben Jahr in Ungnade gefallen, als das berüchtigte Ibiza-Video publik wurde. Die Regierung platzte und ein von Koalitionsdisziplin befreites Parlament setzte das ausgesetzte Gesetz wieder in Kraft.

Damit endet eine nahezu unendliche Geschichte des Rauchverbots in Österreich. Ein zwischen SPÖ und ÖVP ausgedealter Zwischenschritt hatte Gastwirte vor zehn Jahren bereits verpflichtet, Raucherbereiche räumlich abzutrennen und effektivere Belüftung einzubauen. Die Wirtschaftskammer unterstützt Forderungen, Umbaukosten beim Staat, der alle paar Jahre neue Regeln erfindet, einzufordern.

Was die schädlichen Auswirkungen des Passivrauchens betrifft, gibt es keine Kontroverse mehr. Politisch ist die FPÖ mit ihrem großen Herz für Raucherinnen und Raucher ziemlich isoliert. Ihre Versuche, zumindest Ausnahmen ins Gesetz zu bringen, sind fehlgeschlagen.

Trotzdem bleiben noch etliche Fallstricke und rechtliche Grauzonen. So ist nicht klar, ob Terrassen auch als Außenräume gelten, wenn sie witterungsbedingt abgedeckt werden. Das Rauchen vor dem Lokal könnte auch neue Konflikte mit Nachbarn schüren, die über Lärmbelästigung klagen. Das sprichwörtliche goldene Wienerherz ruft da schnell nach der Polizei.

Umsatz zurück gegangen

Christina Hummel vom Café Hummel in Wien hat einen 15-prozentigen Umsatzrückgang registriert, als sie vor einem Jahr freiwillig auf Rauchfrei setzte. Mittlerweile habe sich das aber wieder eingependelt: „Über kurz oder lang werden sich die Gemüter entspannen“, gab sie sich im Ö1-Mittagsjournal am Mittwoch zuversichtlich

Wenig entspannt ist Jakob Baran, Vorsitzender der Vereinigung der Shisha-Bar-Betreiber. Der einzige Daseinszweck dieser Lokale ist ja das Rauchen von Wasserpfeifen. „Die Situation ist für uns ganz schlimm“, so Baran in der Tageszeitung Die Presse. Es gehe um zwischen 400 und 500 Unternehmen und 10.000 Arbeitsplätze. In anderen Ländern gibt es deswegen Ausnahmen. Also zogen die Shisha-Betreiber vor den Verfassungsgerichtshof. Dessen Spruch steht noch aus.

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