China baut Magnetschwebebahn: Transrapid für die Konjunktur

Der Transrapid erlebt in der Volksrepublik eine Renaissance. Die Staatsführung plant eine rund 1.000 Kilometer lange Strecke.

Der erste kommerziell genutzte Transrapid verlaesst den Pudong internationalen Flughafen in Shanghai, China, am 19. Dez. 2002.

An der Magnetschwebebahn in Schanghai waren die Deutschen noch beteiligt Foto: ap

BERLIN taz | Einmal mehr wird in China eine Technologie eingesetzt, die Deutschland zuvor als unwirtschaftlich verworfen hat. Die Magnetschwebebahn erhält ein neues Leben: Als „Transrapid“ in Deutschland mit staatlicher Beihilfe zwischen 1969 und 1991 entwickelt, galt das schnelle und leise Fortbewegungsmittel jahrelang als tot. Jetzt taucht es wieder auf – als zentrales Element eines chinesischen Verkehrsplans bis 2050. Das geht aus einer Präsentation von Verkehrsminister Li Xiaopeng hervor, die der Staatssender CCTV übertragen hat.

Chinas Verkehrspolitik sieht die Magnetschwebebahn demnach als ideales Bindeglied zwischen dem herkömmlichen Hochgeschwindigkeitszug auf Schienen und dem Flugzeug. Mit einer Spitzengeschwindigkeit von 600 Stundenkilometern ist es zwar langsamer als das Flugzeug. „Aber auf einer Strecke wie Peking–Schanghai ist die Reisezeit in der Praxis dennoch kürzer“, sagt Ding Sansan, ein leitender Ingenieur bei dem Eisenbahnkonzern CRRC, gegenüber chinesischen Medien. Schließlich entfallen die Anreise zum Flughafen und die Sicherheits-Checks.

Eine Magnetschwebebahn bewegt sich eine Handbreit über dem Fahrweg fort. Sie hat keine Räder und kennt daher keinen Rollwiderstand und keinen Verschleiß an beweglichen Teilen. Der Zug schwebt, weil er von einem Magnetfeld abgestoßen wird, das von elektrischen Spulen im Fahrweg ausgeht. Dieses zieht die Wagen auch vorwärts. Die Strecke selbst ist also ein riesiger, langgestreckter Elektromotor. Entsprechend teuer ist es, sie zu verlegen.

Doch Kosten spielen in China eine geringere Rolle als die Lösung akuter Verkehrsprobleme. Die Strecken für Hochgeschwindigkeitszüge zwischen Metropolen wie Peking, Schanghai, Wuhan und Guangzhou mit Geschwindigkeiten bis zu 350 Stundenkilometern sind trotz schnellem Takt überlastet. Auch die Flugrouten sind verstopft. Der Transrapid erlaubt dagegen auch eine schnelle Fortbewegung mit Ökostrom. Er bringt das Land daher seinen Zielen bei der Luftreinhaltung näher.

Baubeginn bereits 2020

Wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtet, soll bereits 2020 mit dem Bau begonnen werden. Die erste Teilverbindung ist zwischen Guang­zhou ganz im Süden und Wuhan in Zentralchina geplant. Die rund 1.000 Kilometer soll das futuristische Gerät in nur zwei Stunden zurücklegen.

Die erste chinesische Magnetschwebebahn (Maglev) ist 2002 in Schanghai in Betrieb gegangen – damals noch mit deutscher Beteiligung. Sie verbindet den internationalen Flughafen mit einem Außenbezirk im Stadtgebiet. Die Hoffnung deutscher Unternehmen wie etwa Siemens, die 30 Kilometer lange Teststrecke über Hunderte von Kilometern zu anderen Metropolen zu verlängern, zerschlug sich nur wenige Jahre nach Eröffnung dieser Teststrecke. Der klassische Hochgeschwindigkeitszug war kostengünstiger und einfacher zu bauen.

Es waren Transrapid-Strecken zwischen Düsseldorf und Köln, zwischen Hamburg und Berlin, zwischen Berlin und Leipzig sowie von München zum dortigen Flughafen im Gespräch. Allesamt scheiterten sie

Inzwischen haben sich die Zeiten aber gewandelt. Die meisten chinesischen Metropolen sind bereits durch Hochgeschwindigkeitsverbindungen erschlossen. Die Regierung sucht neue Großprojekte, um die Konjunktur am Laufen zu halten. In Zeiten von Handelskrieg und sinkendem Wachstum sieht sich die kommunistische Führung in der Pflicht, Arbeitsplätze zu schaffen und das Geld im Umlauf zu halten. Der aufwendige Bau von Fahrwegen voller Magnetspulen kommt da gerade recht.

Auch wenn sich die Strecke in Schanghai bis heute nicht rentiert – als Referenzprojekt taugte sie. Der Maglev zeigte, dass die Technik auch langfristig zuverlässig funktioniert. Hinter den Kulissen entwickelten chinesische Ingenieure indes den Zug weiter, während entsprechende Projekte in Deutschland beerdigt sind. Deutsche Ingenieure berichten, die chinesischen Prototypen seien dem deutschen Transrapid technisch sehr ähnlich.

Nicht der einzige Fall

An Plänen mangelte es in Deutschland nicht: Es waren zu verschiedenen Zeiten Transrapid-Strecken zwischen Düsseldorf und Köln, zwischen Hamburg und Berlin, zwischen Berlin und Leipzig sowie von München zum dortigen Flughafen im Gespräch. Allesamt scheiterten sie. Die Zweifel an der Wirtschaftlichkeit im Vergleich zur herkömmlichen Eisenbahn waren groß. Niemand war bereit, mit Milliardeninvestitionen für einen Zug mit unklaren Praxisvorteilen in Vorleistung zu gehen. Ob Siemens den Chinesen zumindest einzelne Komponenten verkaufen wird, gab die chinesische Seite nicht bekannt.

Es ist nicht der einzige Fall, in dem deutsche Technik in China ein zweites Leben erhält. In der Volksrepublik entstehen derzeit auch mehrere gasgekühlte Kugelhaufenreaktoren; ein erster Kraftwerksblock an der Shidao-Bucht im Osten des Landes soll noch in diesem Monat fertig werden und ans Netz gehen. Die Idee zu diesem Reaktortyp wurde zuerst in einem experimentellen Kraftwerk in Hamm-Uentrop in Nordrhein-Westfalen umgesetzt. In der Theorie sollen Kugelhaufenreaktoren deutlich sicherer sein als herkömmliche Atommeiler – in der Praxis erwies sich die Anlage als störanfällig und teuer.

China geht jedoch auch bei der Reaktortechnik über detaillierte Kostenerwägungen hinweg und zeigt Risikobereitschaft. Jede Lösung für die drängenden Energieprobleme im Riesenreich sind hochwillkommen. Das Land verzeichnet einen rasant steigenden Strombedarf und will künftig mehr Mobilität elektrisch antreiben. Zugleich will es aus der Kohle aussteigen – das ist kein ein­facher Spagat.

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