Prekäre Verhältnisse im Frauenfußball: Profis mit Hungerlohn

Die spanischen Erstligafußballerinnen streiken, weil viele trotz des zunehmenden Interesses mit 300 bis 500 Euro im Monat abgespeist werden.

jubelnde Fußballerinnen

Schluss mit lustig: Auch die Fußballerinnen von Atlético Madrid pausieren aus Protest Foto: reuters

MADRID taz | Die Spielerinnen der Ersten Liga im spanischen Frauenfußball hängen ab dem 16. November erst einmal ihre Stiefel an den Nagel. Sie streiken. Das bestätigte die Vereinigung der Profispieler und -spielerinnen Afe am Montag, nachdem eine letzte Verhandlungsrunde mit den Klubs gescheitert war. Die Gewerkschaften „Futbolistas ON“ und UGT unterstützen den Ausstand. Bei einer Versammlung vergangene Woche hatten 93 Prozent der 200 Spielerinnen für die Kampfmaßnahme gestimmt.

Die Fußballerinnen wollen eine bessere Bezahlung sowie einen Tarifvertrag, in dem sie als Vollzeitkräfte anerkannt werden. Vom Streik sind nur Ligaspiele betroffen. Bei europäischen Wettbewerben werden sie spielen, die Verpflichtungen gegenüber der Frauennationalmannschaft wahrnehmen.

„Wir sind 24 Stunden am Tag Fußballerinnen. Wir trainieren, wir spielen, wir reisen“, erklärt die Sprecherin der Spielerinnen und Torfrau bei Athletic de Bilbao, Ainhoa Tirapu. Viele der Spielerinnen in der Primera División haben nur einen Halbtagsvertrag und verdienen 300 bis 500 Euro im Monat. Nur wer bei den großen Vereinen kickt, die auch im Männerfußball einen Namen haben, hat bessere Arbeitsbedingungen. Doch die Spitzenlöhne bleiben auch dort im bescheidenen vierstelligen Bereich.

„Wir müssen an unsere Zukunft denken und an diejenigen, die nach uns kommen“, erklärt Tirapu. Die schlechten Vertragsbedingungen haben direkte Auswirkungen auf das, was die Vereine für die Spielerinnen in die Sozialversicherung einbezahlen. Mit schlecht dotierten Teilzeitverträgen erwartet die Frauen nicht einmal die Mindestrente.

Bescheidene Forderungen

Jetzt fordern sie einen „Tarifvertrag der Gleichstellung“. Dabei greifen sie nicht nach den Sternen. Sie wollen den spanischen Mindestlohn von 16.000 Euro im Jahr für einen Vollzeitvertrag, Mutterschutz, Arbeitslosenversicherung und Anspruch auf bezahlten Urlaub. In Ausnahmefällen würden sie auch Verträge für 12.000 Euro im Jahr bei 75 Prozent Teilzeit akzeptieren. So lautete das letzte Gewerkschaftsangebot.

Seit vorigem Dezember trafen sich die Spielerinnenvereinigung AFE und die beiden Gewerkschaften 18-mal mit dem Verband der Klubbesitzern. Es nutzte nichts. „Wir befinden uns im 21. Jahrhundert und es ist nicht leicht, Mindeststandards durchzusetzen“, beschwert sich AFE-Anwältin María José López, die den Spielerinnen bei den Verhandlungen zur Seite stand.

Vor allem die reinen Frauenfußballvereine, die keine Männerabteilung hinter sich haben, stellen sich quer. Von den 16 Erstligisten sind das 4. Sie hätten nicht genügend Finanzkraft, argumentieren sie. Die Spielerinnen bezweifeln dies. Denn seit Spanien 2015 erstmals an der WM teilnahm, boomt der Frauenfußball. Die Profiliga entstand. Energieversorger Iberdrola und der spanische Fußballverband sponsern sie. Im Schnitt werden die Spiele über 100.000-mal im Bezahlfernsehen abgerufen. In der vergangenen Saison füllten Spitzenspiele die großen Stadien des Landes.

„Wenn du nicht in der Lage bist, eine Erstligamannschaft zu halten, dann hab halt keine. So einfach ist das“, sagt Mar Mas, Vorsitzende der Vereinigung der Frauen im Profisport. „Der Streik kommt spät, aber ich hoffe, dass er auch in anderen Sportarten seine Auswirkungen hat“, erklärt sie. „Wir haben Spitzensportlerinnen, die für Spanien an den Start gehen und internationale Titel gewinnen, und sie haben so gut wie nichts in die Rente einbezahlt.“

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