Uber erschwert den Taxis das Geschäft: Taxifahrer fühlen sich uberfahren

Seit zwei Jahren ist das Unternehmen Uber auf Berlins Straßen unterwegs. Die Taxifahrer der Stadt treibt das in finanzielle Not.

Mehrere Taxis stehen am Potsdamer Platz

Haben mit Uber ein Problem: Taxis warten am Potsdamer Platz Foto: picture alliance/Monika Skolimowska/zb/dpa

Die Kamera filmt ihn heimlich von der Rückbank aus, drei Männer sitzen mit im Auto. Der junge Mann fährt unsicher, mehrfach müssen seine Fahrgäste ihm den Weg weisen. Er arbeitet noch nicht lange als Fahrer für das Unternehmen Uber, kennt sich in Berlin nicht gut aus. Wie seine Arbeitskraft angemeldet sei, fragen die drei Fahrgäste. Was er sonst mache, wie viel er verdiene. Es ist ein regelrechtes Verhör, doch der Fahrer schöpft keinen Verdacht. Er antwortet bereitwillig.

Die neugierigen Fahrgäste sind Taxifahrer, und sie kämpfen um ihr wirtschaftliches Überleben. Die Konkurrenz durch das private Dienstleistungsunternehmen Uber erschwert ihnen das Tagesgeschäft – vor allem, weil Uber-Fahrer sich nicht an gesetzliche Regeln hielten, so der Vorwurf der Taxifahrer. Mem Deisel, Berliner Taxi-Unternehmer, erklärt, seine Umsätze seien innerhalb eines Jahres um 30 Prozent zurückgegangen. Das gelte auch für andere Unternehmer der Branche.

Seit mittlerweile zwei Jahren sammelt eine Gruppe von Taxifahrern deshalb Daten, die illegale Praktiken bei Uber und seinen Partnerunternehmen beweisen sollen. Das heimlich gefilmte Video, das der taz vorliegt, ist einer dieser Beweise. Außerdem haben sie jede Menge Fotos gesammelt, von Uber-Fahrzeugen auf der Busspur oder wartend am Taxi-Stand beispielsweise. Privilegien, die rechtlich der Taxibranche vorbehalten sind.

Eines der größten Ärgernisse in den Augen der Taxifahrer ist die fehlende Durchsetzung der sogenannten Rückkehrpflicht. Sie gilt eigentlich für alle privaten Fahrdienstleister und besagt, dass die Fahrer nur am Firmensitz ihrer Arbeitgeber auf Aufträge warten dürfen. Sie dürfen nicht unterwegs anhalten oder einen Umweg fahren, um die Zeit bis zu einem neuen Auftrag zu überbrücken. Mit der Rückkehrpflicht soll nicht nur das Taxigewerbe geschützt werden, sondern auch die Stadt vor noch mehr Autos, die ziellos ihre Runden drehen.

In den Straßen rund um Tegel

Uber ist in Berlin nicht Anbieter, sondern Vermittler von privaten Fahrdienstleistungen. Örtlich ansässige Mietwagenunternehmen können sich auf der Uber-Plattform registrieren und Fahrten anbieten, die Uber-Nutzer buchen dann eine Fahrt in einem Mietwagen. Die Mietwagenfirmen bezahlen für die Kundenvermittlung bis zu 25 Prozent ihrer Einnahmen als Provision an Uber, sagt ein Sprecher des global tätigen Konzerns der taz. Man gehe davon aus, dass die Partner-Unternehmen aus der Mietwagenbranche sich an geltendes Recht hielten, und habe keine Erkenntnisse, dass dem nicht so sei.

Solche Erkenntnisse haben dafür die Taxifahrer und belegen das mit zahlreichen Fotos. Sie dokumentieren, wie Uber-Fahrzeuge über Nacht in Berlins Straßen parken, obwohl an den entsprechenden Orten kein Mietwagenunternehmen gemeldet ist. Im versteckt gefilmten Video fragen sie den jungen Fahrer, wie das mit der Rückkehrpflicht funktioniert. Viele Uber-Fahrer hielten sich nicht an die Regel, erklärt er. Am Flughafen beispielsweise könne man immer problemlos ein Uber-Fahrzeug buchen, dabei seien nur wenige Mietwagenunternehmen in der Gegend gemeldet. Die Fahrer würden also in den Straßen rund um Tegel warten, bis eine Buchung sie erreiche.

Die gängige Praxis in Sachen Rückkehrpflicht ist aufgrund einer rechtlichen Einschränkung schwierig zu verhindern: Wenn während einer privaten Fahrdienstleistung ein neuer Auftrag eingeht, darf der auch angenommen werden, erklärt eine Sprecherin des Labo, des Berliner Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, das für die Kontrolle von Fahrdiensten wie dem von Uber zuständig ist. Uber erklärt, man könne die Einhaltung der Rückkehrpflicht selbst gar nicht überprüfen. Die Mietwagenunternehmen seien schließlich nicht exklusiv an Uber-Aufträge gebunden, sondern könnten auch Aufträge annehmen, die sie nicht über die App, sondern zum Beispiel telefonisch erreichten.

Dank seiner rein vermittelnden Rolle ist Uber rechtlich nicht zu belangen. „Es besteht für eine Vermittlung von Fahraufträgen keine Genehmigungspflicht“, erklärt eine Sprecherin des Berliner Verkehrssenats der taz. „Aufgrund wiederholter Betriebsprüfungen bei Uber-Vertragspartnern ist nach wie vor davon auszugehen, dass es sich bei UberX um eine reine Vermittlungsplattform handelt.“ UberX ist das in Berlin aktive Uber-Angebot.

Funktionierende Kontrollen wichtig

Für das Fehlverhalten einzelner Fahrer ist Uber also nicht verantwortlich. Umso wichtiger wären funktionierende Kontrollen des Labo. Deisel, der Berliner Taxiunternehmer, sagt der taz: „Wir werden von der Politik im Stich gelassen.“ Man habe dem Labo die Beweise, die der taz vorliegen, ebenfalls präsentiert, passiert sei nichts.

Der junge Uber-Fahrer im Video sagt, auf das Labo angesprochen, nur schulterzuckend: „Bestimmt gibt’s Kontrollen. Aber ich habe noch keine erlebt.“ Deisel sieht deshalb auch die Verbraucher in der Pflicht. „Wird die Rückkehrpflicht nicht eingehalten, fallen Parkplätze weg, es gibt mehr Staus wegen der Mehrzahl an Fahrzeugen, die Umwelt wird belastet“, sagt er. Uber-Nutzer müssten zudem damit rechnen, bei einem ähnlich orientierungslosen Fahrer wie dem jungen Mann im Video einzusteigen.

Anders als Taxifahrer müssen Mietwagenfahrer keine Ortskundeprüfung ablegen, sondern lediglich einen kleinen P-Schein beantragen. Der kostet 60 Euro, hinzu kommen 100 Euro für eine verpflichtende ärztliche Untersuchung. „Ein Antrag, das war es“, sagt der Uber-Fahrer im Video, während er gerade falsch abbiegt.

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