Anzeige gegen HU-Prof Baberowski: Gepöbel im Diskurs

Nach Beleidigungen und Shitstorm haben Studentinnen Anzeige gegen HU-Prof Jörg Baberowski erstattet. Es ist die nächste Eskalationsstufe im Streit.

Baberowski am Rande einer Lehrveranstaltung an der Humboldt Universität

Vornehme Zurückhaltung auf Social Media ist seine Sache nicht: HU-Professor Jörg Baberowski Foto: Karsten Thielker

BERLIN taz | „Linksextremistische Fanatiker“ und „unfassbar dumme Studentinnen“ – so bezeichnete der Historiker Jörg Baberowski zwei Vertreterinnen des Allgemeinen Studierenden Ausschusses (Ref­Rat) der Humboldt-Universität auf Facebook. Die beiden Studierenden, Bafta Sarbo und Juliane Ziegler, haben vergangene Woche Strafanzeige gegen den umstrittenen Geschichtsprofessor, der an der HU lehrt, erstattet. Die Anzeige ist ein weiteres Kapitel in der seit Jahren andauernden Kontroverse um die Person Baberowski, der besonders bei der Studierendenschaft wegen rechter Äußerungen in der Kritik steht.

„Er hat den Konflikt auf eine neue Ebene gehoben“, sagt Ziegler der taz. Baberowski hat sich in seinem Facebook-Kommentar direkt auf sie bezogen. Anlass für den diffamierenden Post war ein Beitrag im Deutschlandfunk Kultur vom 19. August über das vorläufige Scheitern von Baberowskis geplantem Zentrum für vergleichende Diktaturforschung.

Sarbo und Ziegler, die auch als studentische Vertreterinnen im Akademischen Senat der HU sitzen, äußerten sich in dem Beitrag kritisch über das geplante Zentrum. Wörtlich sagte Sarbo darin: „Ein Institut, das von Herrn Baberowski maßgeblich politisch gestaltet wird, ist nicht mit den Prinzipien vereinbar, die diese Universität für sich formuliert hat, also Antidiskriminierung und Diversität.“

Daraufhin kommentierte Baberowski den Beitrag in einem inzwischen gelöschten Facebookpost, von dem der taz ein Screenshot vorliegt. Im Wortlaut: „Zwei unfassbar dumme Studentinnen, die unfassbar dummes Zeug […] ins Mikrofon rufen“, heißt es in dem Post.

Recht auf studentische Meinungsäußerung

„Baberowski hat uns beleidigt. Das konnten wir nicht einfach so stehenlassen“, erklärt Ziegler die Beweggründe für die Anzeige. Es könne nicht sein, dass sich Studierende, die sich wissenschaftlich und politisch kritisch äußern, von den eigenen Professoren diffamiert werden, so Ziegler. Mit der Anzeige wollen sie auch das Recht auf studentische Meinungsäußerung stärken. In einer Pressemitteilung fordert die Studierendenvertretung eine öffentliche Entschuldigung von Baberowski.

Baberowski, der auf eine Anfrage der taz nicht reagierte, sagte dem Tagesspiegel, er sehe seine Äußerungen durch die Meinungsfreiheit gedeckt.

Über die persönliche Diffamierung hinaus hatte der Post weitreichende Folgen für die Studierendenvertreterinnen: „Bis heute haben wir mit einem rassistischen und sexistischen Shitstorm zu tun“, sagt Ziegler. Rechte Nutzer*innen, die Baberowski folgten, wurden durch den Post auf Sarbo und Ziegler aufmerksam. Sarbo deaktivierte ihren Twitter-Account vorübergehend.

Seit Jahren andauernder Konflikt

Studierende kritisieren den Historiker schon seit Jahren. Während der Asyldebatte 2015 äußerte sich Baberowski öffentlich mehrfach kritisch gegenüber der Politik der Bundesregierung, sprach sich für eine geregelte Migration aus und stellte das Asylrecht infrage. Zudem wurde er für die Äußerung kritisiert, Brandanschläge auf Asyl­unterkünfte seien „eher harmlos“ im Vergleich zu den „Folgen von Masseneinwanderung“. Auch im Fach wird Baberowski kritisiert: Seine Forschung stehe in der Tradition der Totalitarismustheorie und würde somit letztlich die Gräueltaten der NS-Diktatur relativieren.

Vor diesem Hintergrund stieß Baberowskis Vorhaben, zusammen mit Jurist*innen und anderen Historiker*innen ein Zentrum für vergleichende Diktaturforschung an der HU errichten zu wollen, auf viel Kritik. Im Februar gelangte ein externes Gutachten an die Öffentlichkeit, welches vom geplanten Zentrum aus verschiedenen Gründen abriet.

Die Vorabveröffentlichung des Gutachtens und die daraus resultierende mediale Debatte war ein Skandal innerhalb des Akademischen Senats. Unter anderem wurden Auszüge des Gutachtens von einem Mitglied des RefRats auf Twitter geteilt. Die Entscheidung über die Errichtung des Zentrums wurde mehrmals vertagt, letztendlich zog die beteiligte juristische Fakultät den Antrag im Juni zurück. Zu einer Entscheidung kam es daher nie.

Ziegler vermutet darin den wahren Grund für die verbalen Ausfälle des Historikers: „Baberowski will uns die Schuld für das Scheitern seines Instituts in die Schuhe schieben.“

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