Urteil zu Gleichstellung: Richterinnen haben Grund zur Klage

Die Gleichstellungsbeauftragte des Justizsenators darf nicht bei der Einstellungen von Richter*innen mitreden, hat ein Gericht entschieden.

Will nicht, dass seine Gleichstellungsbeauftragte überall mitredet: Justizsenator Behrendt (Grüne) Foto: picture alliance/Annette Riedl/dpa

„Bei allen anderen Bereichen, wo es um Personalvertretung geht, gibt es Gleichstellungsverfahren. Nur bei Richterinnen nicht“, beschwert sich Gesamtfrauenvertreterin der Justiz Anne-Kathrin Becker am Donnerstagmittag über das Urteil nach ihrer Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht. Geklagt hatte sie gegen Dirk Behrendt (Grüne), dem Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskrimminierung.

Schon drei Verfahren hatte sie vor dem Verwaltungsgericht verloren. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache wurde Beckers eingelegte Berufung jedes mal wieder zugelassen. Die Sache: Becker will als Gesamtfrauenbeauftragte der Justiz bei allen relevanten personellen Entscheidungen beteiligt werden. Dabei geht es zum Beispiel darum, welche Vorschläge Berlin bei der Besetzung von BundesrichterInnenstellen macht oder um die Besetzung von AnstaltsleiterInnenstellen in Gefängnissen. Doch Justizsenator Behrendt wollte das nicht – und das Oberverwaltungsgericht gab ihm nun recht.

Am meisten ärgere Becker, dass ausgerechnet der für Antidiskriminierung zuständige Senator vertrete, dass das Berliner Gleichstellungsgesetz für die Besetzung von RichterInnen Stellen nicht gilt. „Als langfristige Folge werden Richterinnen – was Gleichstellung angeht – nicht vertreten sein“, sagte Becker nach der Verhandlung.

Gleichstellung „an sich“ sinnvoll

„Dass an sich eine Frauenvertreterin zu beteiligen ist, sehen wir ja genauso“, sagte eine Vertreterin des nicht anwesenden Justizsenators vor dem Oberverwaltungsgericht. Behrendt halte jedoch nicht die Gesamtfrauenvertreterin für zuständig. Für Stellen von RichterInnen sei momentan nur die Personalvertretung zuständig, wo es keine Gleichstellungsbeauftragte gibt.

„Frauenvertretung ist aber etwas anderes als Personalvertretung“, so Becker während der Verhandlung. Insgesamt gehe es ihr darum, Transparenz in die Einstellungsverfahren und in die Vergabe von Beförderungen zu bringen. Wer für manche Stellen besetzt und befördert wird und wer nicht, müsse genauer betrachtet werden. „Gerade in einem Bereich, wo Frauen extrem unterrepräsentiert sind, wäre eine Gleichstellungsbeauftrage wichtig.“ Wenn es bei Richterinnen etwa um Fragen nach vermuteter Benachteiligung aufgrund von Mutterschaftsurlaub gehe, gebe es keine Frauenvertreterinnen, an die man sich wenden könne.

„Es kommt nicht darauf an, was sich RichterInnen wünschen. Die Gesetze werden im Parlament gemacht“, schließt der Richter mit der Begründung des Urteils die Verhandlung. Mit der Entscheidung wollen sich Becker und anwesende Frauenvertreterinnen nicht zufrieden geben.

Nun sei der Gesetzgeber gefordert, damit Richterinnen nicht ohne Frauenvertreterinnen dastehen. Becker hält die Entscheidung für einen Verstoß gegen Artikel drei des Grundgesetzes, der besagt, dass niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt werden dürfe. Zukünftig wolle sie sich deshalb an das Verfassungsgericht wenden, wo man solche Grundrechtsverstöße prüfen könne.

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