Es darf gerodet werden

BVV Neukölln bleibt trotz Anwohnerprotesten bei Sanierungsplan für Weigandufer

Von Peter Nowak

Für die AnwohnerInnen des Neuköllner Weigandufers, die seit Monaten für eine behutsamere Sanierung des Grünstreifens streiten, war der Mittwochabend eine herbe Enttäuschung. SPD und Grüne lehnten in der Bezirksverordnetenversammlung einen Antrag der Linksfraktion für einen sofortigen Rodungsstopp am Weigandufer und eine Wiederaufnahme der Planungen unter größerer AnwohnerInnenbeteiligung ab.

Andreas Knopp, einer der Initiatoren des Bürgerprotests, kann es nicht fassen. „Das, was sich die Grünen bei den Auseinandersetzungen um das Weigandufer geleistet haben, ist beschämend“, sagt er nach der Sitzung, andere ZuschauerInnen äußern sich im selben Sinn. Knopp und seine MitstreiterInnen von der AnwohnerInneninitiative „Weigandufer retten“ hatten vor der Sitzung knapp 770 Unterschriften übergeben. Sie fordern neben dem Rodungsstopp und dem Erhalt der gewachsenen Sträucher und Bäume zwischen Fulda- und Innstraße auch die Anerkennung des gesamten Uferbereichs als „wertvoller und schutzwürdiger Grünzug“.

Das Ufer habe eine „wichtige Funktion für die Umwelt und das Stadtklima“, erklärt Ini-Mitglied Eva Willig. „Die aktuellen Umgestaltungspläne bedeuten weniger Grün und sind zudem ein Rückschlag für den Vogelschutz am Weigandufer“, ergänzt Stefan Tietke, der sich ebenfalls in der Initiative engagiert.

Landschaftsplanerin Marlis Fuhrmann, die die Linke in der BVV vertritt, unterstützt die AnwohnerInnen. „Der Alternativvorschlag der Initiative zur Bepflanzung des Weigandufers ist vernünftig, weil die Großsträucher erhalten bleiben und auf großflächige Pflasterung des Geländes verzichtet wird. Dann könnte auch auf die jetzt geplanten Mulden zur Regenwasserversickerung verzichtet werden“, erklärt Fuhrmann der taz.

Christian Hoffmann, Bezirksverordneter der Grünen, weist die Kritik zurück. Zum Vorwurf der fehlenden Beteiligungsmöglichkeiten sagt er der taz: „Das Beteiligungsgremium hat sich in den vergangenen vier Jahren in seiner Zusammensetzung geändert.“ Seit 2015 hätten sich wechselnde AnwohnerInnen am Prozess beteiligt, einige Wünsche und Prioritäten hätten sich dadurch womöglich geändert. Aber Planung bedeute immer, die Interessen möglichst vieler zu berücksichtigen und verschiedene Aspekte abzuwägen. Er habe den Eindruck, so Hoffmann, dass mache KritikerInnen die ökologischen Argumente nur vorschieben und einfach keinerlei Änderungen am Weigandufer wollten.

Der Grüne widerspricht der AnwohnerInneninitiative auch in puncto Ökologie. „Bei dem vorhandenen Strauchaufwuchs am Weigandufer handelt es sich nicht um „besonders schützenswerte Biotope, sondern um klassisches, ungepflegtes Straßenbegleitgrün auf überdüngten Standorten“. Mit der Beseitigung der toten und alten Sträucher werde „Raum für vielfältigen, ökologisch wertvollen Bewuchs geschaffen“, verteidigt er die kritisierten Rodungen.

Auch darüber, was ein Baum ist, gibt es Streit. Auf einer Informationstafel, auf der das Bezirks­amt über die Umgestaltung aufklärt, heißt es, Bäume würden nicht gefällt. Das sei trotzdem geschehen, kritisiert Tom Küstner von der Initiative. Hoffmann hingegen sagt, man orientiere sich an einer Richtlinie, in der die Größe eines Baumes klar definiert sei. Es seien nur kleinere Nicht-Bäume gefällt worden.