Merkel und Greta Thunberg bei den UN: Anklage gegen die Untätigkeit

Greta Thunberg greift die Regierungschefs scharf an – und dürfte damit auch Angela Merkel gemeint haben, die in New York das Klimaprogramm vorstellt.

Greta Thunberg spricht in ein Mikrofon

Hoffentlich bleiben Greta Thunbergs wütende Worte bei den UN nicht ungehört Foto: reuters

NEW YORK taz | Für diese Rede ist sie in die USA gesegelt – und sie hat dafür gesorgt, dass sie in Erinnerung bleiben wird: Mit einem wütenden Appell hat sich die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg zu Beginn des UN-Klimagipfels an die Staats- und Regierungschefs aus über 100 Ländern gewandt.

Es sind keine freundichen Bitten, die Thunberg in wenigen Minuten formuliert, keine detaillierten Forderungen. Es ist eine einzige Anklage. „Wir stehen am Anfang eines Massenaussterbens“, ruft die 16-Jährige Schwedin. „Und alles, worüber Ihr reden könnt, ist Geld und das Märchen von einem ewigen Wirtschaftswachstum – wie könnt Ihr es wagen?“ Dass viele Politiker*innen sich hinter die Proteste stellen, empört Thunberg. „Ihr sagt, ihr hört uns und versteht die Dringlichkeit“, sagte sie. „Aber das glaube ich nicht.“

Für die Vorschläge, die beim Klimagipfel präsentiert werden sollen, hat Thunberg nur Verachtung übrig. „Wie könnt Ihr es wagen zu glauben, dass man das lösen kann, indem man so weiter macht wie bislang – und mit ein paar technischen Lösungsansätzen?“, ruft sie. „Ihr seid immer noch nicht reif genug zu sagen, wie es wirklich ist. Ihr lasst uns im Stich.“ Während es im Saal, der Thunberg zu Beginn noch mit viel Applaus begrüßt hatte, im Verlauf ihrer Rede immer stiller wird, bricht auf der Empore, wo auch Vertreter*innen von Umweltverbänden sitzen, lauter Jubel aus, als Greta mit einer Drohung schließt: „Wenn Ihr Euch dazu entscheidet, uns im Stich zu lassen, dann werden wir Euch das nie vergeben.“

Als Angela Merkel wenige Minuten später als vierte Regierunsgschefin ans Rednerpult tritt, könnte der Gegensatz nicht größer sein. Ruhig, fast emotionslos, trägt sie ihre Rede vor. Und macht genau jene Aussage, die Thunberg zurvor so entschieden kritisiert hatte: „Wir alle haben den Weckruf der Jugend gehört“, sagt die Bundeskanzlerin. Und: „Wir müssen dem Weckruf der Wissenschaft folgen.“ Dann trägt sie einige Punkte aus dem Klimaschutzprogramm vor, auf das sich die Bundesregierung am vergangenen Freitag geeinigt hat.

Merkel trifft Thunberg

Dass dieses sowohl bei Wissenschaftler*innen als auch bei den protestierenden Schüler*innen auf scharfe Kritik gestoßen ist, erwähnt die Kanzlerin ebensowenig wie die als völlig unzureichend kritisierte Höhe des beschlossenen CO2-Preises von nur 10 Euro pro Tonne. Stattdessen betont sie die Investitonen von 54 Milliarden Euro, die mit dem Klimaschutzpaket einhergehen, und kündigt an, die deutschen Zahlungen für den internationalen Klimaschutz von 2 auf 4 Milliarden Euro zu verdoppeln.

Vor Beginn des Gipfels kam es zu einem kurzen direkten Aufeinandertreffen von Merkel und Thunberg. Regierungssprecher Steffen Seibert twitterte ein Foto, auf dem beide nebeneinander saßen und sich unterhielten. Über die Inhalte des Gesprächs gab es keine Angaben. Allzu freundlich, das legt Thunbergs Wut-Rede nahe, dürfte es nicht gewesen sein.

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