Menschenrechte in Hongkong: Amnesty sieht Einschränkungen

Amnesty International kritisiert die Beschneidung der Versammlungs-, Meinungs- und Vereinigungsfreiheit in Hongkong. Das gefährde den Sonderstatus.

Behelmte Polizisten führen eine Demonstrantin ab

Festnahme einer Demonstrantin in Hongkong am 22. September Foto: Jorge Silva/reuters

BERLIN taz | Seit 14 Wochen wird in der autonomen südchinesischen Sonderzone Hongkong gegen die wachsende Einflussnahme der Regierung in Peking demonstriert. Entzündeten sich die Massenproteste an einem inzwischen zurückgezogenen Gesetzentwurf, der Auslieferungen Verdächtiger an Chinas nichtrechtsstaatliche Justiz ermöglicht hätte, richten sie sich inzwischen direkt gegen Peking und werden immer öfter verboten.

Begründet werden die Verbote damit, dass es oft zu Gewalt komme. Die Demonstranten machen dafür jedoch das immer rücksichtslosere Vorgehen der Hongkonger Polizei verantwortlich. Sie fordern deshalb neben demokratischen Reformen eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt.

Hongkongs Regierung lehnt dies ab und Chinas Regierung fordert die Hongkonger Polizei unverhohlen zu möglichst hartem Durchgreifen auf. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) unterstützt jetzt die Position der Demonstranten.

Ai stellt in dem an diesem Dienstag vorgelegten Bericht fest, dass schon seit 2014 – dem Jahr der „Regenschirmbewegung“ für demokratische Direktwahlen des Hongkonger Regierungschefs – die Rechte auf Versammlungs-, Meinungs und Vereinigunsfreiheit beschnitten werden.

Sonderstatus schützt Menschenrechte nicht mehr

Mitarbeiter der Organisation sprachen für den englischsprachigen Bericht, dessen Titel übersetzt „Pekings rote Linien in Hongkong“ lautet, mit Journalisten, Aktivisten, Akademikern, Rechtsanwälten und Nichtregierungsorganisationen. Auch Gerichtsunterlagen, Medienberichte und Filmmaterial wurden ausgewertet.

Laut dem Bericht untergräbt Hongkongs Regierung im Tandem mit der chinesischen den autonomen Sonderstatus der Stadt, der die Menschenrechte schützen soll.

„Die Regierung in Hongkong geht zunehmend repressiv gegen Aktivisten und Medienvertreter vor und schränkt dabei insbesondere die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ein, sagt der Generalsekretär der deutschen ai-Sektion, Markus N. Beeko. „Kritische Stimmen werden zensiert, verfolgt und bedroht.“

Viele der von ai befragten Demokratieaktivisten würden zum Ziel von Schikanen und Drohungen. Die Organisation wirft der Hongkonger Regierung Verstöße gegen ihre internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen vor. Im Unterschied zur Volksrepublik China, wo die Justiz der alleinherrschenden Kommunistischen Partei untersteht, galt die Justiz in Hongkong als weitgehend unabhängig. Doch wachsen daran Zweifel, wie auch am Verhalten der Polizei.

Peking sieht die „nationale Sicherheit“ gefährdet

Wenn Menschen in Hongkong ihre Rechte wahrnähmen, werte die chinesische Regierung dies zunehmend „als Angriff auf die nationale Sicherheit und Souveränität der Volksrepublik,“ kritisiert ai. Mitarbeiter von Nichregierungsorganisationen und Journalisten seien wiederholt von Behörden in Hongkong und Peking bedroht worden. So habe ein Journalist wöchentlich Drohanrufe von chinesischen Regierunsvertretern erhalten.

„Die politisch motivierte Strafverfolgung von friedlichen Demonstranten muss dringend beendet werden“, fordert Beeko. In den letzten Wochen sind in Hongkong mehr als 1.300 Demonstranten verhaftet worden.

Im vergangenen Jahr hat Deutschland erstmals zwei zu Haftstrafen verurteilten Aktivisten der Regenschirmbewegung von 2014 politisches Asyl gegeben. Die damalige Bewegung konnte sich nicht durchsetzen und endete nach 81 Tagen.

Die jetzigen Proteste sind massiver und dauern bereits länger. Ein Ende ist nicht in Sicht. Doch fürchten Beobachter, dass Peking selbst direkt gewaltsam intervenieren könnte. Allerdings erst nach dem 1. Oktober, an dem Chinas KP mit großem Bramborium den 70. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik feiert. Für den Tag sind in Hongkong massive Proteste zu erwarten. Erneut ist eine Beschneidung der Bürgerrechte zu befürchten.

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