CSU-Fraktionsklausur im Kloster Banz: In Aufbruchstimmung

Die größte Niederlage der CSU-Geschichte ist noch kein Jahr her, doch die Partei fühlt sich wieder in Topform. Söder startet die nächste Offensive.

Der Fraktionsvorsitzende der CSU im Bayerischen Landtag, Thomas Kreuzer und der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder empfangen die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer vor dem Eingang zu Kloster Banz.

Trotz aller Klimaschutz-Ambitionen: Das Auto bleibt der CSU heilig Foto: dpa

KLOSTER BANZ taz | Die Stimmung ist gut, als zum Abschluss der Fraktionsklausur im Kloster Banz die beiden Parteichefs Markus Söder und Annegret Kramp-Karrenbauer vor die Mikrofone treten. Man gibt sich stark – und einig. „Wir wissen – und wir beide ganz persönlich“, sagt Söder, „dass es am Ende nur gemeinsam geht. Wir als CSU können uns noch so stark fühlen, ohne Rückenwind aus Deutschland sind auch bayerische Höhenflüge nicht möglich. Umgekehrt: Ohne ein starkes bayerisches Ergebnis kann man auch in Deutschland keinen Staat machen.“

Vom „gemeinsamen Kompass“ der Unionsparteien ist die Rede und von einer „Basis von Inhalten aber auch einer Basis des miteinander Umgehens“, die man wieder gefunden habe. Das vergangene Jahr, fügt die CDU-Chefin an, sei „keine Sternstunde in der Geschichte von CDU und CSU“ gewesen.

Die Botschaft ist klar: 2018 ist Vergangenheit, eine neue Ära hat längst begonnen. Und was Kramp-Karrenbauer noch etwas zaghaft zu vermitteln versucht, versprüht Söder schon seit drei Tagen im Kloster Banz mit jeder Pore: Wir sind wieder da. Die CSU ist auf dem Weg zur alten Stärke.

Das Gute daran, wenn man mal ganz unten angelangt ist, ist ja bekanntlich, dass es dann nur noch bergauf gehen kann. Insofern kann man es ja verstehen, wenn sich mancher CSU-Abgeordnete auf der Fraktionsklausur in Kloster Banz derzeit an die Zeit vor einem Jahr erinnert und sich über den heutigen Zustand seiner Partei freut.

Ein „zartes Pflänzchen“

Zur Erinnerung: Damals, es war wenige Wochen vor der Landtagswahl, prognostizierten die Umfrageinstitute den Christsozialen Wahlergebnisse von 35 Prozent und weniger – wohlgemerkt: einer Partei, die Bayern mit kurzer Unterbrechung über Jahrzehnte hinweg allein regiert hatte, die noch 2003 einen Stimmenanteil von über 60 Prozent erreicht hatte. Bei der Wahl im letzten Jahr kam sie dann immerhin noch auf 37,2 Prozent – auch das schon eine historische Niederlage, Ministerpräsident Markus Söder konnte sich nur mangels Alternative im Amt halten.

Seither hält sich die CSU in den Umfragen etwa auf diesem Wert, und spätestens seit Söder im Januar auch das Amt des Parteichefs übernommen hat, herrscht wieder weitgehend Ruhe. „Relativ stabil“ stehe die CSU da, sagt Söder selbst, spricht aber auch von einem „zarten Pflänzchen“, das es zu hegen und pflegen gelte. Anders als sein Vorgänger Horst Seehofer hat Söder Partei und Fraktion gut im Griff. Nur selten verlautet leises Murren aus den Gremien, wenn der eine oder andere mit der Geschwindigkeit des Chefs nicht mehr mitkommt. „Söder legt ein Tempo vor, wie noch keiner vor ihm, nicht einmal Stoiber“, gibt ein Insider zu. „Und er bestimmt die Themen.“

Aber er versteht es offenbar, seine Leute dabei mitzunehmen; dem Abgeordneten zufolge gibt es „nicht den Ansatz einer Palastrevolte“. Dass Söder beim regulären CSU-Parteitag im Oktober mit einem sehr guten Ergebnis im Amt bestätigt werden wird, bezweifelt hier kaum jemand.

Nun dürfte die relative Stärke der CSU tatsächlich damit zu tun haben, dass Söder, wie er immer wieder gerne zugibt, aus den Fehlern des letzten Jahrs gelernt hat. Zum einen war das der Versuch, der AfD im Wahlkampf mit rechtspopulistischen Sprüchen wie denen vom „Asyltourismus“ oder vom „Ende des Multilateralismus“ Paroli zu bieten, zum anderen war das aber auch das Unvermögen, die Reihen geschlossen zu halten – sowohl innerhalb der eigenen Partei als auch innerhalb der Union. Wenn sich die Landtagsfraktion ihrer „legendären Geschlossenheit“ rühmt, geschieht das mittlerweile wieder ohne ironischen Unterton.

Söder bleibt Söder

Aber auch Söders letzte Verbalattacke gegen die Kanzlerin ist schon sehr lange her. Und mit der neuen CSU-Chefin versteht er sich ohnehin bestens. Da passe tatsächlich kein Blatt Papier dazwischen, sagt Söder.

Die gute Nachricht für irritierte CSUler: Söder ist nach wie vor Söder – trotz der Geschwindigkeit, die er vor allem in Sachen Umwelt zuletzt an den Tag gelegt hat. Erst übernahm er das Artenschutzvolksbegehren, das der CSU-nahe Bauernverband verteufelt hatte, dann unterließ er wochenlang keine Gelegenheit, neue Vorschläge zu Rettung von Umwelt und Klima aufs Tapet zu bringen. Natürlich fragt sich mancher in der Fraktion da gleich, ob es sich die CSU mit so viel grünem Anstrich nicht mit ihrer wichtigsten Klientel verdirbt, mit den Landwirten etwa oder den Autobauern?

Doch wer Söder jetzt in Banz hörte, konnte beruhigt sein. Bestürzt zeigte sich der Ministerpräsident über die Aggressivität, die man neuerdings dem Auto entgegenbringe, die IAA sei ja keine Leistungsschau mehr, nur noch eine Leidensschau, Bayern sei ein Autoland, und ohne das Auto sei „weder die freiheitliche Lebensform noch die wirtschaftliche Leistung zu erhalten“. Und überhaupt: Wer die Autoindustrie schädige, der „sägt den Ast ab, auf dem unser Land sitzt“. Noch Fragen?

Und eigentlich ist das Klimathema für Söder schon wieder abgehakt. Er ist in Gedanken schon wieder viel weiter. In einer Grundsatzrede legte er den Parlamentariern im Kloster das Konzept einer neuen Technologie-Offensive vor, mit der er den Freistaat in die Zukunft führen, die „nächste Stufe der Rakete zünden“ will.

Der große Sprung nach vorne

Es ist ein Milliardenprogramm, das zum Beispiel vorsieht, Bayern zum Spitzenstandort in Sachen Künstliche Intelligenz zu machen. Auch eine umfassende Hochschulreform plant Söder – mit 1000 neuen Professuren und 10.000 neuen Studienplätzen. Dazu will der Ministerpräsident Spitzenforscher aus aller Welt abwerben – gezielt auch vom Brexit verunsicherte Wissenschaftler aus Großbritannien. Hochschulen sollen Start-ups gründen, Technologie-Studiengänge komplett auf Englisch angeboten werden können.

Auch in der Mobilfunkabdeckung will Söder einen großen Sprung machen. 500 neue Masten sollen aufgestellt werden, um endlich ein flächendeckendes Netz zu haben. „Eine der internationalen Peinlichkeiten Deutschlands ist der Mobilfunk“. Klar, das Ganze kostet. Söder spricht von einer „Milliarde plus“ in den nächsten vier bis fünf Jahren und davon, dafür die Schuldentilgung zu reduzieren. In Details bleibt er aber vage. Bayern verstecke sich nicht vor der Zukunft, sagt er noch – und: „Die Algorithmen entscheiden letztlich über die Wettbewerbsfähigkeit der Zukunft.“ Nach der Rede, so Fraktionschef Thomas Kreuzer, habe es „Riesenapplaus“ gegeben.

„Esst ihr noch was“, fragt die CDU-Chefin Kreuzer und Söder nach der Pressekonferenz. Viel Zeit hat sie nicht mehr. Söder und sie müssen nach Berlin, noch mal kurz das Klima retten.

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