Basketball-WM in China: Schrecklich erfolgreiche Familie

Die Spanier haben auch im Finale der Basketball-WM als Kollektiv überzeugt. Topfavorit sind sie bei den Olympischen Spielen aber nicht.

Ein Mann in Basketball-Trikot küsst einen goldenen Siegerpokal

„Wir waren ein Team mit großem Herzen“, sagte Aufbauspieler Ricky Rubio Foto: ap

PEKING taz | Nach dem klaren 95:75-Sieg über Argentinien im Finale der Basketball-WM gab es für die Spieler der spanischen Nationalmannschaft kein Halten mehr. Während sich die Guards Sergio Llull und Rudy Fernandez die Netze der Korbanlage als Andenken abschnitten, sicherte sich Center Marc Gasol den Spielball. Aufbauspieler Ricky Rubio hingegen saß in der mit 19.000 Zuschauern gefüllten Wukesong Arena von Peking nur fassungslos da.

Ein Turnier, in das die Spanier maximal als Medaillenkandidat gestartet waren, haben sie tatsächlich gewonnen. Gründe dafür gibt es viele. „Wir waren nicht das talentierteste Team des Turniers und auch nicht die Mannschaft mit den größten Spielern. Wir waren aber ein Team mit großem Herzen“, sagte Rubio, der dank 16,4 Punkten, 4,6 Rebounds und 6,0 Assists pro Partie zum wertvollsten Spieler des Turniers gewählt wurde. „Wir sind eine Familie, daran wird sich unser gesamtes Leben lang nichts ändern.“

Dieser über die Jahre gewachsene Zusammenhalt machte die Spanier zum stärksten Team des gesamten Turniers. Sie traten in der Defensive stets als kompakte Einheit auf und fanden in der Offensive meist die richtigen Lösungen, auch in Drucksituationen. Von einem zwischenzeitlichen 11-Punkte-Rückstand im Halbfinale gegen Australien ließ sich die „rote Furie“ nie aus der Ruhe bringen.

Stattdessen behielten die spanischen Routiniers die Ruhe und liefen ihre Offensivsysteme weiter präzise durch. Auch schwierige Würfe landeten im Korb des Gegners, sodass die viertplatzierten Australier nach zwei Verlängerungen doch noch mit 95:88 niedergerungen wurden.

Ob die Spanier durch ihren WM-Triumph nun auch der Top-Favorit für das olympische Basketballturnier im kommenden Jahr sind, bleibt allerdings abzuwarten. Die US-amerikanische Nationalmannschaft hat jedenfalls einiges wiedergutzumachen. Mit Gold-Ambitionen ins Turnier gestartet, enttäuschte das Team von Trainerlegende Gregg Popovich auf ganzer Linie.

Nach Niederlagen gegen Bronzemedaillengewinner Frankreich und die fünftplatzierten Serben reichte es am Ende nur für Rang sieben. Die Gründe für das schlechteste US-amerikanische WM-Ergebnis aller Zeiten sind offensichtlich. Im Gegensatz zu den Spaniern harmonierten die kurzfristig zusammengewürfelten Spieler nicht gut genug miteinander.

Deutschland wird nicht Ausrichter

Allerdings mussten die Verantwortlichen insgesamt Absagen von 32 hochkarätigen Spielern verkraften. Dass Superstars wie Stephen Curry oder James Harden in Tokio wieder dabei sein werden, ist aufgrund des schlechten Resultats sehr wahrscheinlich. Zudem genießt das Olympiaturnier im Mutterland des Basketballs traditionell eine deutlich höhere Aufmerksamkeit als die vom Weltverband Fiba ausgetragene WM.

„Es wird eine große Herausforderung werden. Die anderen Basketballnationen sind nicht dabei, zu den Amerikanern aufzuschließen, sie haben es längst getan. Wir sind also an einem Punkt angekommen, wo die USA auch Spiele verlieren. Sich zu rehabilitieren wird nicht einfach werden“, sagt der zweimalige Olympiasieger Kobe Bryant, der in Peking als WM-Botschafter fungierte. Im Endspiel 2008 habe die US-Auswahl im letzten Viertel auch ans Limit gehen müssen, um die Partie gegen die Spanier nicht zu verlieren.

Die Tage, in denen die Amerikaner alle Spiele mit 30 Punkten Vorsprung gewinnen, wie zu Zeiten des Dream Teams von 1992, seien längst vorbei. Bryant: „Auch für unsere besten Spieler wird es eine Herausforderung werden.“

Ricky Rubio, Point Guard

„Wir waren nicht das talentierteste Team. Wir waren aber ein Team mit großem Herzen“

Welche Mannschaften sich den USA bei ihrer Gold-Mission in den Weg stellen werden, ist allerdings eine noch sehr spekulative Frage, da sich bei der gerade zu Ende gegangenen WM neben Ausrichter Japan nur sieben Nationen (Spanien, Argentinien, Frankreich, Australien, USA, Nigeria, Iran) direkt für einen der zwölf Startplätze qualifiziert haben. 24 weitere Teams werden im Juni bei vier Olympia-Qualifikationsturnieren um die vier verbliebenen Tickets kämpfen.

Ein Prozedere, an dem auch die deutsche Basketball-Nationalmannschaft beteiligt sein wird, obwohl sie bei der WM mit Platz 18 weit unter ihren Möglichkeiten blieb. Als Ausrichter wird sich der deutsche Basketball Bund (DBB) allerdings nicht bewerben. „Dieses Qualifikationsturnier in Deutschland auszutragen, würde uns vier bis fünf Millionen Euro kosten“, erklärt DBB-Präsident Ingo Weiss. „Wir müssten auch die Men­power haben, ein solches Turnier zu organisieren. Nach der Weltmeisterschaft beginnt für uns aber bereits die Vorbereitung für die Heim-EM 2021.“

Um sich ihren Olympia-Traum doch noch zu erfüllen, wird das DBB-Team also auf fremdem Terrain über sich hinauswachsen müssen. So eben, wie die spanische Nationalmannschaft bei der gerade zu Ende gegangenen Weltmeisterschaft in China.

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