IAA startet mit Gegendemonstrationen: Mit Protz und Protest

Die Hersteller präsentieren sich auf der IAA als Klimaschützer: mit vielen Elektromodellen. Denken sie wirklich um?

schnittiger E-Sportwagen auf Bühne mit Luftballons

Elektrisch, aber nicht so richtig massentauglich: EQ Silver Arrow von Mercedes Foto: ap

FRANKFURT/M. taz | Nein, so richtig problemlos lief der Start ins Elektrozeitalter für Volkswagen nicht. Beim Eröffnungsabend des Konzerns auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt war am Montagabend alles vorbereitet für die erste öffentliche Präsentation des ID3, mit dem VW im großen Stil den Übergang zum Elektromotor starten will. Doch im entscheidenden Moment versagte der ferngesteuerte Mechanismus, der die Vorhänge rund um den Messestand gleichzeitig zum Fallen bringen sollte.

Zumindest auf der Hauptbühne war das Fahrzeug, auf das VW große Hoffnungen setzt, aber trotzdem zu sehen: Den Kompaktwagen, der ab Mitte nächsten Jahres mit einer Reichweite von bis zu 550 Kilometern für unter 40.000 Euro zu haben sein soll, sieht das Unternehmen in der Tradition der früheren Massenmodelle Käfer und Golf. „Das ist das Auto, das von uns jetzt erwartet wird“, sagte Konzernchef Herbert Diess bei der Vorführung.

Und mit der großen Elektro-Show ist VW nicht allein. Fast alle Hersteller, die auf der IAA vertreten sind, protzen auf ihren Ständen mit neuen Elektroautos. Daimler wirbt mit der neuen Elektromarke EQ, Opel stellt den populären Corsa in einer elektrischen Variante vor.

Neben öffentlichem Druck sind es vor allem die Emissionsvorgaben der EU, die die Hersteller zur Elektro-Offensive zwingen. Doch ob die Pläne langen, um die ab 2020 geltenden Grenzwerte einzuhalten, dazu gibt es in der Branche unterschiedliche Ansichten. VW-Chef Diess ist zuversichtlich: „Wir werden unser Flottenziel erreichen.“ Daimler-Chef Ola Källenius hat dagegen Sorge: Weil man nicht wisse, ob die KundInnen die neuen Elektrofahrzeuge auch annehmen, könne das Unternehmen „nicht ausschließen, dass wir da nicht konform sind mit den Zielen“, sagte er.

Drohen bald die ersten Pleiten?

Noch pessimistischer äußerte sich Carlos Tavares, Chef des französischen Herstellers PSA, zu dem auch Opel gehört: „Ich wäre überrascht, wenn wir angesichts des Umfangs der bevorstehenden Veränderung nicht ein paar Insolvenzen sehen würden“, erklärte er.

Benjamin Stephan, Greenpeace

„Wir brauchen eine schmerzhaft hohe Zulassungssteuer für Klimakiller“

Was schon feststeht, ist, dass die neue Modellpolitik die KritikerInnen der Branche keinesfalls zufriedenstellt. Die Umweltorganisation Greenpeace protestierte am Mittwoch mit einem überdimensionalen Geländewagen vor den Toren der IAA. „Wir brauchen eine schmerzhaft hohe Zulassungssteuer für Klimakiller, damit die Verkehrswende endlich vorankommt“, sagte Benjamin Stephan, Verkehrsexperte bei Greenpeace. Zusammen mit anderen Umweltverbänden ruft die Organisation am Samstag unter dem Motto „Aussteigen“ zu einer Fahrrad-Sternfahrt zur IAA auf.

Immer mehr „große, dicke, fette Geländewagen“

Denn auch wenn die Konzerne sich auf der Messe klimafreundlich geben: In der Realität verkaufen sie derzeit einen stetig wachsenden Anteil von klimaschädlichen SUVs.

Das kritisiert auch das Bündnis „Sand im Getriebe“, das am Sonntag die Eingänge zur IAA blockieren will. „Im Portfolio von Konzernen wie VW stehen vor allem große, dicke, fette Geländewagen, absolute Klimakiller – und daran wird sich auch in den nächsten Jahren überhaupt nichts verändern“, warf die Initiatorin der Aktion, die das Pseudonym Tina Velo trägt, VW-Chef Diess vor, als sie ihn unmittelbar vor der IAA-Eröffnung zu einem taz-Streitgespräch traf.

Diess verteidigte diese Modellpolitik. „Wir leben vom konventionellen Autogeschäft“, sagte er. Die Gewinne, die dort gemacht würden, seien notwendig, „um Zukunftsinvestitionen überhaupt tätigen zu können“. Um Elektroautos zum Durchbruch zu verhelfen, müsse der Staat Ladeinfrastruktur fördern und steuerliche Anreize schaffen, forderte der VW-Chef.

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