Neue Studie zu Gesundheitsrisiken: Mikroplastik laut WHO keine Gefahr

In vielen Ländern wurde Mikroplastik aus dem Wasser gefiltert. Die Weltgesundheitsorganisation fordert dennoch weitere Forschung.

Wasser läuft aus einem Wasserhahn in ein Glas

Von Mikroplastik weitgehend frei: Leitungswasser, zumindest in entwickelten Ländern Foto: dpa

BERLIN taz | Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mischt in der Debatte um Mikroplastik im Trinkwasser mit. In einer am Donnerstagmorgen veröffentlichten Studie mit dem Titel „Microplastics in Drinking water“ untersuchen ForscherInnen die Dringlichkeit der Problematik und hinterfragen die Auswirkungen des Kunststoffs auf die menschliche Gesundheit. Ihr Fazit: Zurzeit deute wenig darauf hin, dass Mikroplastikpartikel für den Menschen gefährlich seien.

Untersuchungen hätten gezeigt, so die Studie, dass Mikroplastik ab einer bestimmten Konzentration schlicht direkt über den Kot ausgeschieden werde. Auch seien die Gesundheitsrisiken von Chemikalien und Biofilmen, die zusammen mit Mikroplastik auftreten können, vernachlässigbar. „Basierend auf den begrenzt verfügbaren Informationen scheint Mikroplastik im Trinkwasser auf dem jetzigen Niveau kein Gesundheitsrisiko darzustellen“, sagte die WHO-Expertin Maria Neira. Andere Verunreinigungen des Wassers seien aus heutiger Sicht wesentlich bedeutsamer.

Allerdings, so schreiben die ForscherInnen mehrfach in dem 124 Seiten starken Dokument, müssten die Vorkommen von Mikroplastik im Trinkwasser und seine möglichen gesundheitlichen Auswirkungen noch viel genauer untersucht werden.

Sowohl Mikro- als auch die noch kleineren Nanokunststoffe wurden bereits mehrfach in Meerwasser, Abwasser, Frischwasser, Nahrungsmitteln, Luft und Trinkwasser nachgewiesen. Es handelt sich dabei um Materialien, die aus unterschiedlichen Substanzen bestehen können und verschiedene Dichten, chemische Zusammensetzungen, Formen und Größen aufweisen können. Meist gelangt es durch Autoreifen-Abrieb, Reinigungsmittel, Bauschuttreste oder Kosmetika in die Umwelt und insbesondere in die Gewässer.

Jüngst hatte ein Forscherteam unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven berichtet, dass Mikroplastik-Teilchen im Schnee aus der Luft auf die Erdoberfläche rieseln – selbst in der Arktis. Die winzigen Teilchen werden in der Atmosphäre transportiert und können so über weite Strecken verteilt werden. Oberflächenabfluss und Abwasser werden jedoch als die beiden Hauptquellen erkannt.

Wichtig: Wie wird Wasser gereinigt?

Vor diesem Hintergrund sei die Qualität von Wasseraufbereitungsanlagen entscheidend: In entwickelten Ländern könnten diese mehr als 90 Prozent des Mikroplastiks aus dem Abwasser filtern, so die WHO-Studie. In vielen Ländern hingegen seien entsprechende Anlagen nicht in ausreichendem Maße vorhanden: Rund zwei Drittel der Bevölkerung in Ländern mit geringen und mittleren Einkommen haben keinen Abwasseranschluss. Das ergab eine Referenzstudie von WHO und UNICEF.

Auch wenn Mikroplastik im Trinkwasser laut WHO nicht gesundheitlich schädlich zu sein scheint, fordern die ForscherInnen ein Umdenken. Die Freisetzung von Kunststoffen in die Umwelt müsse minimiert und dadurch andere Nachteile für die Umwelt und das Wohlergehen der Menschen reduziert werden. Eine weitere Empfehlungen der Studie: Wasserversorger und Regulierungsbehörden sollten weiterhin mikrobielle Krankheitserreger und Chemikalien aus dem Trinkwasser entfernen, von denen bekannt ist, dass sie ein erhebliches Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen. Zudem sei tiefergehende Forschung auf dem Gebiet unverzichtbar. Eine routinemäßige Überwachung von Mikroplastik im Trinkwasser sei derzeit aber nicht erforderlich.

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