Skandinavier und Klimawandel: „Helft uns, unser Eis zu behalten“

In Island ist der Klimawandel besonders stark spürbar. Nordische Staatschefs verabschieden hier ihre „Klimavision 2030“ mit Ehrengast Angela Merkel.

Bundeskanzlerin Merkel spricht im Thingvellir-Nationalpark mit Islands Ministerpräsidentin Katrin Jakobsdottir

Bundeskanzlerin Merkel im Thingvellir-Nationalpark mit Islands Ministerpräsidentin Jakobsdottír Foto: dpa

STOCKHOLM taz | „Es ist Zeit, endlich den großen Schritt zu tun“, sagt Andri Snær Magnason. „Und wenn jemand diese Aufgabe angehen kann, dann sind es die nordischen Länder und Deutschland zusammen.“ Das war wohl ein zu hoher Anspruch, den der isländische Autor, Präsidentschaftskandidat von 2016 und Umweltaktivist vor dem Treffen der skandinavischen Regierungschefs mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel an diesem Dienstag in Islands Hauptstadt Reykjavík formuliert hatte.

Am Ende des Treffens stand immerhin eine „Vision 2030“ zu den Themen Klima, Nachhaltigkeit und Gleichstellung, aber wenig Konkretes. Merkel war bei ihrem ersten Staatsbesuch in Island Ehrengast der traditionellen jährlichen Sommertagung der Regierungschefs der fünf nordischen Staaten Island, Finnland, Schweden, Norwegen und Dänemark sowie von Repräsentanten Grönlands, der Åland-Inseln und der Färöer.

Island wolle eine führende Rolle im Kampf gegen die globale Erwärmung übernehmen, sagte Ministerpräsidentin Katrín Jakobsdóttir. Dabei betonte sie die Wichtigkeit von „Klimagerechtigkeit“: „Es gibt untrennbare Verbindungen zwischen Klimafrage, Menschenrechten, Gleichberechtigung und sozialer Gerechtigkeit.“

Merkel sagte, am Beispiel Islands könne man noch einmal stärker lernen, „dass der Mensch mit der Natur pfleglich umgehen muss und dass er ein Stück Demut zeigen muss auch gegenüber der Natur“. Sie hatte zuletzt direkte Bekanntschaft mit Island gemacht, als sie wegen des Ausbruchs des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull 2010 nur über Umwege aus Amerika nach Deutschland zurückreisen konnte.

„Wettlauf mit der Zeit“

Hier ist der Klimawandel bereits besonders stark sichtbar: Zwei Tage zuvor war der Gletscher Okjökull offiziell für „tot“ erklärt worden. Bei der Zeremonie hatte Jakobsdóttir, die der links-grünen Partei angehört, von einem „Wettlauf mit der Zeit“ gesprochen. In der New York Times hatte sie zuvor zu mehr internationaler Kooperation gegen den Klimawandel aufgerufen: „Helft uns, unser Eis zu behalten.“

Mehrere Umweltorganisationen der skandinavischen Länder hatten sich vom nordischen Gipfel das Ausrufen eines „Klimanotstands“ erhofft. Irlands Ex-Staatspräsidentin Mary Robinson hatte sich anlässlich ihrer Teilnahme an der Okjökull-Manifestation dieser Forderung ebenso angeschlossen wie der Labour-Vorsitzende Jeremy Corbyn. Doch darauf konnten sich die Staatschefs nicht einigen. Im staatlichen Rundfunk erklärte Jakobsdóttir, solche Erklärungen seien ohnehin nicht ausreichend, wichtiger seien „konkrete Maßnahmen“.

In ihrer „Vision 2030“ versprechen sich die Regierungschefs nun lediglich eine „effektivere Zusammenarbeit“ mit dem Ziel, diese Region bis 2030 zur „weltweit nachhaltigsten“ zu entwickeln. Auch einen Hinweis auf die Forderungen der AktivistInnen von Fridays for Future fehlt nicht: „Wir hören unserer Jugend zu und sind uns einig, dass der Zeitpunkt für konkrete Klimaschutzmaßnahmen gekommen ist. “ Lösungen gebe es, doch dazu müsse man „Lebensstil, Produktionsmethoden und Konsummuster ändern“. Das Pariser Klimaabkommen weise den Weg, „aber wir müssen noch ambitiöser und schneller arbeiten“.

Die Hoffnung von Andri Snær Magnason, dem Verfasser des Texts auf der Gedenktafel für den Okjökull-Gletscher, wurde indes nicht erfüllt. In einem an künftige Generationen gerichteten „Brief an die Zukunft“ schreibt er: „Dieses Denkmal bezeugt, dass wir wissen, was geschieht und was zu tun notwendig wäre. Nur ihr wisst, ob wir es getan haben.“ In Reykjavík wurde das Notwendige noch nicht getan.

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