Klimaaktivismus in den USA: Der Greta-Effekt

UmweltaktivistInnen sind in den USA eine kleine Minderheit. Doch Greta Thunberg gibt der US-Jugend das Gefühl, etwas bewegen zu können.

AktivistInnen blockieren den Verkehr mit einer Menschenkette in New York

Protest in New York nahe dem Times Square Foto: reuters

NEW YORK taz | „Wir werden da sein“, hat Alexandria Villaseñor angekündigt. Die 14-jährige New Yorker Klimaaktivistin, die immer freitags für das Klima demonstriert, will die Schwedin Greta Thunberg empfangen, wenn sie nach ihrer Atlantiküberquerung voraussichtlich am späten Dienstag an der North Cove Marina in Manhattan anlegt.

Einen Monat später, am 20. September, will Thunberg zusammen mit anderen jungen US-UmweltaktivistInnen den „globalen Klimastreik“ abhalten. Die linke New Yorker Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, Autorin des „Green New Deal“, hat der schwedischen Aktivistin bereits im Juni bei einer Videodiskussion jede Unterstützung für ihre Zeit in den USA angeboten.

Doch im Land der KlimawandelleugnerInnen sind die UmweltaktivistInnen immer noch eine kleine Minderheit – wie sich auch in den sozialen Medien zeigt. Die Aktivistin Villaseñor hat knapp 19.000 Follower. Das nimmt sich kläglich gegenüber den mehr als eine Million von Thunberg aus.

Auf der anderen Seite des politischen Spektrums bestreiten der Präsident und seine Republikanische Partei, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Unter ihm sind die USA aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen, haben erst in den zurückliegenden Wochen erneut eine Regel mit Obergrenzen für Schadstoffabgaben von Kohlekraftwerken gekippt, die von der Vorgängerregierung stammte, und ist die Umweltbehörde EPA zu einem De-facto-Schutzschild für Ölförderer und andere Klimasünder geworden.

Keine Wählergunst

Nicht nur Trumps Partei, sondern auch die Apparatschiks der Opposition glauben, dass sie mit Klimapolitik keine Wähler gewinnen können. Nachdem die Umweltorganisation Sunrise in den zurückliegenden Tagen mehr als eine halbe Million Unterschriften gesammelt hat, damit die Demokratische Partei in ihrem Vorwahlkampf eine Klimadebatte abhält, hat die Parteiführung am Samstag gegen die Debatte entschieden.

In der Stadt, in der Thunberg nach ihrer Atlantiküberquerung ankommt, flattern weiterhin Plastiktüten, die in den Supermärkten gratis ausgegeben werden, in den Bäumen und am Strand. Und die Waldbrände im Amazonasgebiet, den Forscher die „Lunge des Planeten“ nennen, spielen in der Berichterstattung der großen Kabel-TV-Sender, von denen die meisten ihren Hauptsitz in New York haben, nur eine untergeordnete Rolle.

In der vergangenen Woche hat die Organisation Media Matters for America landesweit 25 Berichte in diesen Medien gezählt. Diese Berichterstattung kontrastiert scharf mit den 365 Brand-Features, die dieselben Medien in der Woche veröffentlichten, als ein Feuer in Notre-Dame ausbrach.

Aber Thunbergs Erfolg in Europa hat Jugendlichen quer durch die USA das Gefühl gegeben, dass sie etwas unternehmen können. Nicht nur in New York, sondern auch in vielen Provinzstädten haben einzelne SchülerInnen damit begonnen, ihrerseits Freitags zu demonstrieren. Ihren Klimastreik am 20. September unterstützen auch die großen Umweltorganisationen des Landes, darunter der Sierra-Club und die Gruppe 350.org. Geht es nach den OrganisatorInnen, sollen Jugendliche am Streiktag vor dem UN-Gipfel ihre Schulen verlassen. Die OrganisatorInnen fordern auch Erwachsene auf, „den Tag frei zu nehmen, um zu streiken“.

Allmähliches Umdenken

Thunberg wird beim UN-Gipfel sprechen, hat es aber abgelehnt, den US-Präsidenten zu treffen. Mit Leuten, die „die Wissenschaft leugnen“, will sie keine Zeit verlieren. Die Stadt, in der sie landen wird, zeigt, dass auch im Herzen des US-Kapitalismus allmählich ein Umdenken einsetzt. In New York kommen 67 Prozent der Treibhausgase aus großen Gebäuden und Wolkenkratzern. Ein in diesem Sommer verabschiedetes Gesetz sorgt dafür, dass diese Schadstoffe bis 2030 um 40 Prozent reduziert werden müssen.

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