Die Wahrheit: Eisbären raus!

Droht den arktischen Pelztieren die Abschiebung aus Deutschland? Tierschützer aller Couleur sind sich einig: ja!

Ein lebensgroßes Eisbärenstofftier steht vor einem Gebäude, eine Frau läuft daran vorbei

Auch aus Dresden sollen Eisbären künftig verschwinden Foto: dpa

Sommer 2019 in Deutschland. Eine Hitzewelle jagt die andere, die Orte überbieten sich in Temperaturrekorden, die Telefonleitungen beim „Guinness Buch der Rekorde“ laufen heiß. Zur selben Zeit liegt Ursus maritimus, der gemeine Eisbär, träge und faul in der sozialen Hängematte deutscher Zoos und lässt sich von fleißigen, unterbezahlten Tierpflegern durchfüttern. Damit muss jetzt Schluss sein, fordern Tierschützer aller Couleur.

„Eisbären raus aus deutschen Tierparks!“, lautet der Slogan der Stunde. Schließlich sei es der arktische Faulpelz auf seinen Beutezügen gewöhnt, täglich bis zu dreißig Kilometer zurückzulegen. Da könne er nun getrost die Pfoten in die Pfoten nehmen und heim in die Arktis laufen, statt sich im zoologischen Schlaraffenland auf künstlichen Eisschollen gefrorene Melonen zuwerfen zu lassen.

Zustimmung erhalten die Tierschützer dieser Tage von allen Seiten, an vorderster Front von der AfD und ihrem tierschutzpolitischen Sprecher im Deutschen Bundestag, Holger Jäger. Wir treffen ihn wie andere tierpolitische Kräfte in der Kantine des Tierparks Berlin: „In deutsche Zoos gehören nur deutsche Tiere, das war schon immer so: der schlaue Fuchs, der mutige Wolf, das dumme Schaf, die alte Ziege, die leckere Kuh, das nicht minder leckere Kälbchen, das glückliche Schwein – überhaupt! Es darf kein Schweinefleischverbot in deutschen Zoos geben! Weder in den Gaststätten noch in den Gehegen!“ Dann steht er auf und holt sich noch ein Kalbsschnitzel.

Keine Zukunft in Deutschland

Auch Hans-Hermann Wiese von der Arbeitsgruppe Tierschutz in der FDP sieht keine Zukunft für die Eisbären in Deutschland: „Wir brauchen eine europäische Lösung, und der Eisbär ist eben kein Europäer, sondern stammt aus klimatisch bedenklichen Regionen, die zu schützen vor Ort seine ureigene Aufgabe ist. Wahrscheinlich schmelzen die arktischen Gletscher, eben weil die Eisbären mit ihrem weißen Fell nicht mehr genug Sonnenlicht reflektieren. Eisbärschutz ist Klimaschutz und nicht umgekehrt.“

Dem widerspricht der Sprecher des Außenministeriums: „Ein großer Teil der Eisbären in unseren Zoos sind natürlich in Deutschland geboren und besitzen einen deutschen Pass. Und selbstverständlich haben sie ein verfassungsmäßiges Recht, in einem deutschen Zoo zu leben. Andererseits – wer sagt denn, dass deutsche Zoos unbedingt auf deutschem Boden stehen müssen.

Außerdem nimmt die Bundesrepublik Deutschland selbstverständlich nichtdeutsche Eisbären aus humanitären Gründen auf, oder würde es tun, wenn diese aus sicheren Herkunftsländern kommen und nicht über dem Landweg aus Dänemark oder Schweden hereinschneien – aber wie ich schon sagte, diese Zoos müssen ja nicht zwingend in Deutschland stehen.“

Eiswürfel gegen Hitzestress

In dieselbe Kerbe schlägt auch Detlef Doberan vom Dachverband Deutscher Tierschutzbünde (DDT): „Knut und Hertha waren gestern. Die Eisbären müssen so schnell wie möglich raus aus Deutschland. Es ist mittlerweile viel zu warm für uns. Bei dem Hitzestress müssen wir vor allem an uns denken und können nicht auch noch irgendwelche Eisbären kühlen – für die reichen dann die Eiswürfel in den Drinks einfach nicht mehr.“

Knut und Hertha waren gestern. Die Eisbären müssen so schnell wie möglich weg

Und der weiße Petz ist nur die Spitze des Eisbergs, was die Zootierhaltung betrifft. Was ist mit den anderen Tieren mit Migrationshintergrund wie Löwen, Tiger, Giraffen oder Elefanten?

„Also Tiere aus unseren ehemaligen Kolonien, die gehören auf jeden Fall zu uns nach Deutschland“, räumt Holger Jäger von der AfD ein und nimmt ein Schälchen Rote Grütze. „Aber keine Eisbären. Oder Affen!“

Bleiben oder gehen lassen? Jahrelange seelische Qualen oder der halbwegs schnelle Hungertod, was tun? In diesem Punkt sind sich viele Tierschützer einig, Tierschützer wie Ralf Brause vom Bund deutscher Tierschützerschützer: „Mehr noch als die Tiere leiden ja viele Zoo-Besucher unter dem Anblick der armen im Kreis herumlaufenden Zoo-Eisbären. Das kann so nicht bleiben. Daher muss sich auch der Bund deutscher Tierschützerschützer der Forderung anschließen: Eisbären raus aus den Zoos! Zurück in die Arktis. Wenn schon sterben, dann doch in der Heimat.“

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