Neue Studie zu „Fridays for Future“: Optimistisch gegen die Klimakrise

Greta Thunbergs Schulstreik gibt es seit einem Jahr. Einer Studie zufolge ist die daraus enstandene Bewegung ungewöhnlich jung und weiblich.

Greta Thunberg, Klimaschutzaktivistin, steht mit Luisa Neubauer, der deutschen Organisatorin der Klimastreiks «Fridays for Future» und der Aktivistin «Indigo» im Hambacher Forst

Die aktuelle Klimaschutzbewegung ist vor allem eins: jung und weiblich Foto: dpa

BERLIN taz | Was diese Aktion für Folgen haben würde, konnte niemand ahnen – am wenigsten wohl Greta Thunberg selbst. Vor genau einem Jahr, am 20. August 2018, setzte sich die damals 15-jährige Schülerin erstmals vor den Reichstag in Stockholm. Allein, mit einem Schild, auf dem „Skolstrejk för klimatet“ stand, zu Deutsch „Schulstreik für das Klima“.

52 Wochen später ist das mittlerweile legendäre Schild zusammen mit Greta Thunberg nördlich der Azoren auf der Segeljacht „Malizia II“ auf dem Weg zum UN-Klimagipfel in New York. Und aus ihrem Ein-Personen-Protest in Stockholm, den sie nach einem dreiwöchigen Dauerstreik zu Beginn unter dem Motto „Fridays for Future“ in einen regelmäßigen wöchentlichen Protest überführte, ist eine weltweite Klima­bewegung geworden.

Wie genau sich diese zusammensetzt und worauf ihr Erfolg beruht, haben WissenschaftlerInnen vom Institut für Protest- und Bewegungsforschung zum Jahrestag erstmals ausführlich analysiert. Eine Befragung von zufällig ausgewählten TeilnehmerInnen am 15. März dieses Jahres in neun europäischen Ländern zeigte im Vergleich zu anderen Protestbewegungen mehrere Besonderheiten.

Zum einen sind die Beteiligten sehr jung – etwa 45 Prozent aller Befragten war zwischen 14 und 19 Jahre alt. Bei einer als Schul­streik gestarteten Aktion ist das wenig verwunderlich, doch zwischen den verschiedenen Ländern gab es große Unterschiede: Während etwa in Polen mit rund 90 Prozent fast nur SchülerInnen auf der Straße waren, stellten die 14- bis 19-Jährigen in Deutschland etwa die Hälfte und in Italien und der Schweiz weniger als ein Drittel der Beteiligten, berichtet das Autorenteam, zu dem der bekannte Bewegungsforscher Dieter Rucht gehört.

Ungewöhnlich ist auch der hohe Frauenanteil unter den Protestierenden. In fast allen europäischen Ländern stellten sie die Mehrheit, in Deutschland machen sie – wie auch in Europa insgesamt – rund 60 Prozent aus. Dabei spiele es eine wichtige Rolle, dass die Proteste mit Greta Thunberg eine junge Frau als Initiatorin habe, die gerade auf Schülerinnen „inspirierend und motivierend“ wirke, schreiben die AutorInnen.

Weniger Grünen-Fans als angenommen

Zudem fällt auf, dass Fridays for Future viele Menschen aktiviert hat, die sich bisher politisch nicht engagiert haben. Weniger als 5 Prozent der in Deutschland Befragten sind Mitglied in einer Partei oder deren Jugendorganisation, unter 10 Prozent gehören einem Umweltverband an. Auch die Verbindung zu den Grünen ist weniger stark als in der öffentlichen Debatte bisweilen angenommen: Zwar stießen die Grünen mit 36 Prozent mit Abstand auf die stärkste Zustimmung, doch 43 Prozent hatten überhaupt keine Parteipräferenz.

Fridays for Future aktiviert vor allem Menschen, die sich bisher nicht politisch engagiert haben

Und anders als die von der Bewegung oft zitierten Schreckensszenarien nahelegen, blicken die TeilnehmerInnen von Fridays for Future durchaus mit Optimismus in die Zukunft. Der Aussage, „Auch wenn die Dinge düster aussehen, verliere ich nicht die Hoffnung, dass wir den Klimawandel eindämmen können“, stimmen rund 60 Prozent „überwiegend“ oder „voll und ganz“ zu, weitere 30 Prozent antworten mit „teils/teils“. Nur 10 Prozent stimmen eher oder überhaupt nicht zu.

In Deutschland wurde eine breitere Öffentlichkeit auf den Schulstreik der Schwedin aufmerksam, als sie im Dezember auf der Klimakonferenz in Katowice auftrat. Um diese Zeit begannen auch die ersten lokalen Schulstreiks in Deutschland, die sich schnell ausdehnten: Beim internationalen Aktionstag am 15. März gab es bereits Proteste in 220 Orten, an denen sich rund 300.000 Menschen beteiligten.

Viel Verständnis für die Bewegung

Geholfen hat dabei nach Ansicht der WissenschaftlerInnen auch eine breite Medienresonanz. Zwar gab es gerade in konservativen Medien auch viele ablehnende Berichte, die die Verletzung der Schulpflicht kritisierten oder die Jungendproteste als „Kinderkreuzzug“ diffamierten. In vielen anderen Medien seien die Proteste aber auf viel Verständnis gestoßen und hätten eine stark ausgeweitete Berichterstattung über die Klimakrise bewirkt.

Über die weitere Perspektive von Fridays for Future äußern sich die Verfasser vorsichtig optimistisch. „Noch spricht nichts für einen Niedergang“, schreiben sie. Von „entscheidender Bedeutung“ für den weiteren Verlauf werde die Mobilsierung für den weltweiten Klima­streik am 20. September sein. Bis dahin wird auch Greta Thunberg wieder festen Boden unter den Füßen haben – und ihr Schulstreik-Schild wohl durch New York tragen.

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