Krieg in Syrien: Über hundert Tote in Rebellengebiet

Assad verstärkt die Angriffe auf Idlib. Derweil halten Russland, Iran und die Türkei einen Syrien-Gipfel ab. Kommt Putin Erdoğan entgegen?

Männer einer humanitären Oranisation tragen einen Verletzen nach Luftangriff

Am Sonntag gab es erneut einen Luftangriff auf Idlib, der vor allem Zivilisten traf Foto: ap

ISTANBUL taz | Unmittelbar vor Beginn eines Gipfels von Russland, Iran und der Türkei zu Syrien, haben die Truppen des Assad-Regimes mit russischer Unterstützung die Angriffe auf die letzte Rebellenbastion im nordsyrischen Idlib verstärkt. „In den letzten Tagen haben wir die schlimmsten Bombenangriffe mit den meisten Toten seit drei Monaten erlebt“, sagte Fadul Abdul Ghany vom syrischen Netzwerk für Menschenrechte gegenüber türkischen Reportern in Idlib.

Die Luftangriffe seien stärker auf dicht bewohnte Gebiete konzentriert, auch Kliniken, Schulen und Bäckereien würden ins Visier genommen. Seit dem letzten Wochenende seien 123 Menschen gestorben. Schon am Wochenende hatte die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet beklagt, dass Krankenhäuser und Schulen systematisch angegriffen würden, um den Menschen die Lebensgrundlagen zu entziehen. Sie beklagte, dass die internationale Gemeinschaft nicht reagiere.

Am Dienstag dieser Woche sprach der UN-Nothilfekoordinator Mark Lowcock vor dem UN-Sicherheitsrat in New York und warf dem höchsten UN-Gremium vor, der größten humanitären Katastrophe des 21. Jahrhunderts tatenlos zuzusehen. Der Sicherheitsrat ist angesichts des Syrienkrieges zu keiner gemeinsamen Resolution in der Lage, weil Russland und China jedes internationale Eingreifen blockieren. Allein begrenzte humanitäre Hilfe ist noch möglich. Zu Wochenbeginn konnten 20 Lkws mit Hilfsgütern von der Türkei nach Idlib fahren.

Ein Sprecher der von der Türkei unterstützten Nationalen Befreiungsfront, Naji Mustafa, sagte, das Regime räche sich mit den Luftangriffen auf Zivilisten für „die Verluste, die wir ihnen beigebracht haben“. Tatsächlich leisteten die Dschihadisten von Hayat Tahrir al Scham und die Befreiungsfront den Assad-Truppen in den letzten Monaten erbitterten Widerstand, der auch möglich war, weil die türkische Armee Waffen lieferte. Assad soll nach Angaben der Befreiungsfront deshalb sogar um russische Spezialeinheiten gebeten haben, um strategisch wichtige Dörfer besetzen zu können.

Das am Donnerstag beginnende Gipfeltreffen von Russlands Staatschef Wladimir Putin, Irans Präsidenten Ruhani und dem türkischen Präsidenten Erdoğan in der kasachischen Hauptstadt Nursultan wird sich deshalb dem Thema Idlib widmen. Während Russland den syrischen Diktator Assad bei der Rückeroberung des Landes unterstützt, will Erdoğan die Provinz Idlib für die Rebellen erhalten, damit nicht erneut Hunderttausende Flüchtlinge über die Grenze in die Türkei drängen. Die entscheidende Frage wird sein, ob Putin Erdoğan etwas entgegen kommt und die Angriffe zunächst auf den Süden Idlibs beschränkt.

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