Angriffserie auf linke Häuser in Hessen: Schon wieder Brandstiftung

Im Hof eines feministischen Projekts wurde Feuer gelegt. Die Polizei nahm einen Verdächtigen fest – den hatte sie schon einmal verhaftet.

Mit Grafitti besprühte Fassade eines Hauses, davor eine Straße

Die Metzgerstraße in Hanau – hier fasste die Polizei Joachim S. im Dezember schon einmal Foto: dpa

Die Serie von Brandstiftungen in linken und alternativen Wohn- und Kulturprojekten im Rhein-Main-Gebiet steht vielleicht unmittelbar vor der Aufklärung. Am Freitag ist ein Tatverdächtiger festgenommen worden, der schon einmal nach einer Brandstiftung aufgefallen war.

Am Freitag waren im Hof eines Hauses des feministischen Projekts „Lila Luftschloss“ im Frankfurter Stadtteil Bornheim Müll, Papier und Äste angesteckt worden. Büsche hatten Feuer gefangen. Das Feuer war schnell gelöscht. Kurz nach der Tat konnte die Polizei einen Verdächtigen festnehmen: Zeugen hatten einen verdächtigen Mann festgehalten.

Nach taz-Informationen handelt es sich dabei um den 46-jährigen Joachim S., der bereits im vergangenen Dezember in Hanau nach einem Brandanschlag auf das alternative Projekt „Metzgerstraße“ festgenommen worden war. Am Nachmittag erklärte das Polizeipräsidium Frankfurt, der 46-Jährige sei zwar verdächtig, den Brand gelegt zu haben. Für einen Haftbefehl sei allerdings ein dringender Tatverdacht Voraussetzung. Die Polizei ermittele „mit Hochdruck“.

„Vielleicht ­gehen die Behörden jetzt endlich energisch gegen den Verdächtigen vor“, sagte Jonathan Schilling vom Mietshäuser-Syndikat am Montag der taz. Das Syndikat betreibt zahlreiche Wohnprojekte. „Vielleicht erkennen sie jetzt, dass die Brandstiftungen zusammenhängen, bei denen nur durch Zufall niemand verletzt wurde.“

Ein Dutzend Wohnprojekte und Kulturzentren war in den vergangenen Monaten Ziel solcher Brandanschläge geworden. Der oder die Täter kamen meist nachts, zündelten mit Textilien und Brandbeschleunigern. Mal hatte einsetzender Regen das Feuer gelöscht, mal hatten aufmerksame BewohnerInnen oder BesucherInnen die Flammen rasch erstickt.

Großeinsatz der Feuerwehr

Der größte Sachschaden entstand am 14. September 2018, als in Schwalbach Wohnhaus und Scheune des Projekts „Knotenpunkt“ völlig ausbrannten. Mit einem Großeinsatz der Feuerwehr konnte das Übergreifen der Flammen auf Nachbargebäude verhindert werden. Nur zufällig war keine BewohnerIn anwesend.

Spätestens seit dem 3. Dezember letzten Jahres kennen die Behörden einen Verdächtigen: Joachim S. Nachdem in dieser Nacht ein Brandsatz am Kulturzentrum Metzgerstraße entdeckt worden war, hielten Passanten ihn fest und übergaben ihn der Polizei.

Das Mietshäuser-Syndikat hat S. seit 2015 auf dem Schirm: Er war mit Abmahnungen gegen Internetauftritte alternativer Projekte aktiv geworden oder hatte sie wegen Formfehlern bei den Behörden angezeigt. Nach der ersten Festnahme hatten Polizei und Staatsanwaltschaft zwar die Wohnung des Verdächtigen durchsucht, seitdem aber keinen Ermittlungsfortschritt vermelden können.

Knappe Meldung

Gut fünf Monate später, am 24. Mai, wurde zum ersten Mal ein Haus des feministischen Projekts „Lila Luftschloss“ im Frankfurter Ostend Ziel eines Brandanschlags, am Freitag dann das Haus in Bornheim. Die Öffentlichkeit erfuhr von der aktuellen Brandstiftung und Festnahme lediglich durch eine knappe Pressenotiz.

Da war von brennendem Papier und Unrat die Rede. Jeder Bezug zur Brandserie bei linken Projekten fehlte. Nur ein Satz der Polizeimeldung ließ aufhorchen. „Es ist zu prüfen, ob der Tatverdächtige eventuell für weitere Brandlegungen verantwortlich ist.“

Die taz hatte noch am Freitag bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt nach dem Ermittlungsstand zur Brandserie gefragt. Am Montagvormittag wusste Pressesprecherin Nadja Niesen nur aus der Zeitung von der Festnahme. Alle Nachfragen bei Polizei und Staatsanwaltschaften blieben bis Montagmittag ohne Antwort. „Es ermitteln drei unterschiedliche Polizeibehörden und zwei Staatsanwaltschaften in dieser Sache“, wundert sich Jonathan Schilling vom Mietshäuser-Syndikat. „Vielleicht kommt jetzt Bewegung in die Sache.“

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