Investitionen in die Bahn steigen: Pofalla macht Milliarden locker

Die Bundesregierung lässt viel Geld auf die Infrastruktur regnen. Die Bahn wird damit zum zentralen Element des Klimaschutzes in Deutschland.

Ein Bautrupp der Bahn repariert auf der Strecke zwischen Essen und Duisburg das Gleisbett

Hierfür gibt es mehr Geld: Bautrupp repariert zwischen Essen und Duisburg das Gleisbett Foto: dpa

BERLIN taz | In der Konzernzentrale der Deutschen Bahn in Berlin herrscht Hochstimmung. Der einstige Kanzleramtsminister und heutige Vorstand Ronald Pofalla hat die aktuelle Bundesregierung zu einem echten Kraftakt überredet. Das Ergebnis: 86 Milliarden Euro steckt der Bund in den kommenden zehn Jahren in die Renovierung des maroden Bahnnetzes, zum größten Teil aus Steuermitteln, zu einem kleineren durch die Erträge der Bahn selbst. Dies teilte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am Freitag mit. Erheblich mehr Geld als bisher.

Eine nun auslaufende Vereinbarung zwischen dem Eigentümer Bund und der Bahn über fünf Jahre sah bislang im Jahresschnitt ein Volumen von rund 5,6 Milliarden Euro für den Erhalt des Schienennetzes vor. Nun sind laut dpa von 2020 bis 2024 jährlich im Schnitt 7,9 Milliarden Euro vorgesehen, von 2025 bis 2029 im Schnitt 9,2 Milliarden, im Jahr 2029 sind 9,6 Milliarden Euro.

Damit werden 2.000 Brücken saniert, Gleise ausgewechselt, Weichen instandgesetzt. Ganz sicher ist der Geldsegen zwar noch nicht. Letztlich muss der Bundestag im November noch grünes Licht für das Bekenntnis zu einem funktionsfähigen Schienensystem geben. Im Entwurf für den Bundeshaushalt 2020 sind für die geplante neue Finanzvereinbarung mit der Bahn bis 2029 als „Infrastrukturbeitrag“ insgesamt nur 51,4 Milliarden Euro eingestellt worden. Um die Lücke zu schließen, sollen künftig die Dividendenzahlungen der Bahn an den Bund für den Erhalt des Netzes eingesetzt werden.

Die Finanzierung der Bahn besteht aus einer komplizierten Mischung verschiedener Geldquellen. In diesem Falle handelt es sich um die „Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung“ (LUVF), die der Bund bisher alle fünf Jahre mit der Bahn abgeschlossen hat. Diesmal reicht sie über zehn Jahre.

Zahl der Passagiere soll sich verdoppeln

Darin werden die Maßstäbe für die Qualität des Schienennetzes festgelegt, etwa die Qualität der Brückenbauten oder die Verfügbarkeit von Strecken. Einzelne Projekte werden dabei nicht benannt. Es geht um die Qualität des Gesamtnetzes.

Es ist eine Richtungsentscheidung des Bundes. Die Bahn soll mit den Milliarden eine zentrale Rolle bei einer Verkehrswende hin zu einer umweltverträglichen Mobilität einnehmen. Im nächsten Jahrzehnt wird der Zugverkehr massiv ausgebaut. In einem Strategiepapier vom Juni hatte es geheißen, die Zahl der Passagiere solle sich in diesem Zeitraum auf 260 Millionen verdoppeln.

Am Ende sollen die größeren Städte im Stundentakt an das Schienennetz angebunden sein. Zwischen 30 Metropolen soll alle 30 Minuten ein Zug verkehren. Den Anfang soll 2021 die Verbindung zwischen Hamburg und Berlin machen. Das ist eine echte Alternative sowohl zur Fahrt mit dem Auto als auch dem Inlandsflug.

Heutige Bahnfahrer können sich eine so angenehme Aussicht vermutlich kaum vorstellen. Das aktuelle Angebot der Bahn schwächelt an vielen Stellen. Es mangelt an fast allem, der Pünktlichkeit, ausreichend vielen Züge, Klimaanlagen oder Speisewagen fallen aus. Die Vielzahl der Baustellen lässt erahnen, dass sich die Situation für die Fahrgäste nur sehr langsam verbessern wird. Aber der Grundstein dafür ist nun auf beiden Seiten gelegt worden. Der Bahnkonzern investiert schon bereits kräftig in neue Züge und digitale Services, neue Leute und das Angebot der ganzen Reisekette.

Weitere 30 Milliarden Euro für Digitalisierung fällig

Die Bahn benötigt noch viel mehr Mittel, um die Ziele zu erfüllen. Der LUVF deckt nur einen Teil des Finanzbedarfes ab. So werden noch bis zu 30 Milliarden Euro für die Digitalisierung des Schienennetzes fällig, die für eine höhere Kapazität des Netzes notwendig ist. Einen weiteren zweistelligen Milliardenbetrag werden die Neu- und Ausbauprojekte verschlingen. So müssen beispielsweise die Knotenbahnhöfe erweitert werden.

Doch der Aufwand ist andererseits auch eine Folge jahrzehntelanger Versäumnisse. Unterlassene Reparaturen werden mit der Zeit nur teurer, müssen irgendwann dann doch einmal geschehen. Diesen Nachholbedarf beziffert die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) allein schon auf 60 Milliarden Euro.

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