Machtkampf bei Arbeitsagentur eskaliert: Frau Holsboer muss gehen

Der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit schmeißt die einzige Frau aus dem Vorstand. Dabei war sie in der Belegschaft der Behörde sehr beliebt.

Valerie Holsboer bei einer Pressekonferenz der Bundesagentur für Arbeit

Nach zwei Jahren ist Schluss: Valerie Holsboer fliegt aus dem Vorstand der Arbeitsagentur Foto: dpa

BERLIN taz | In der Chefetage der Bundesagentur für Arbeit (BA) rumort es gewaltig. Der 21-köpfige Verwaltungsrat hat in einer Sitzung am Freitag in Nürnberg die Absetzung der Personal- und Finanzenchefin Valerie Holsboer beschlossen. Die Bundesregierung muss dieser Entscheidung noch zustimmen – um die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände im Verwaltungsrat nicht zu erzürnen und die Selbstverwaltung der Arbeitsagentur zu respektieren, wird sie die Absetzung wohl mittragen.

Der Verwaltungsrat, in dem zu gleichen Teilen ArbeitgeberInnen, Gewerkschaften und PolitikerInnen vertreten sind, ist das Aufsichtsgremium der Bundesagentur. Er kann den Vorstand sowohl vorschlagen als auch, mit einer Zweidrittelmehrheit, abwählen.

Im Falle der 42-jährigen Holsboer war dies der Fall. Die Juristin aus München war zuvor ehrenamtliche Richterin am Bundesarbeitsgericht, leitete die Geschicke bei einflussreichen Arbeitgeberverbänden der Ernährungs- und Gastrobranche und war einst selbst Mitglied des Verwaltungsrats.

Ihr Lebenslauf schien dort zu überzeugen: 2017 schlugen die ArbeitgebervertreterInnen um den damaligen Verwaltungsrats-Chef Peter Clever Holsboer als Vorstandsmitglied im Bereich „Ressourcen“ vor – in welchem Controlling, Finanzen und Personal der Arbeitsagentur verantwortet werden. Die damalige Arbeitsministerin Andrea Nahles und der frischgewählte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) segneten die Entscheidung ab.

Mitarbeiter wollen, dass Holsboer bleibt

Die Förderer wurden allerdings bald zu Kritikern: Das Arbeitgeberlager im Verwaltungsrat zerstritt sich mit Valerie Holsboer. Medienberichten zufolge störten sich die ArbeitgebervertreterInnen an Holsboers modernem Führungsstil und dem Kulturwandel, den sie vorantrieb.

Bei der Belegschaft der Bundesagentur jedoch wurde sie dafür geschätzt: Auf dem Geschäftskontakt-Netzwerk „LinkedIn“ fand ein Beitrag des BA-Mitarbeiters Werner Motzet viel Beachtung, der Holsboers Nähe zu den MitarbeiterInnen hervorhob. „Wenn Frau Holsboer gehen muss, werden dieses Vertrauen und die Hoffnungen nicht nur zerstört, es wird danach sehr schwer werden, dieses wieder aufzubauen“, schreibt der Verfasser. Er intiierte zudem eine Online-Peition, in welcher die Bundesregierung aufgefordert wird, an Holsboer festzuhalten.

Letztlich half dem Vorstandsmitglied aller Zuspruch von unten nichts: Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat stimmten in der Sitzung am Freitag für Holsboers Entlassung. „Wenn die Arbeitgebergruppe im Verwaltungsrat das Vertrauen zu dem von ihr selbst vorgeschlagenen Mitglied im BA-Vorstand für unwiderruflich zerrüttet erklärt, ist keine tragfähige Grundlage für die weitere Arbeit des Vorstandes mehr gegeben“, sagt Annette Buntenbach (DGB), derzeit Vorsitzende des Verwaltungsrats.

Arbeitgeber unversöhnlich

Peter Clever, mittlerweile Vizevorsitzender des Gremiums, teilte mit, dass es sich bei der Entlassung um den „Schlusspunkt eines leider nötig gewordenen Konflikts“ handelte. Er bedauert, dass Holsboer entsprechende Gesprächsversuche abgelehnt habe.

Einzig die VertreterInnen der öffentlichen Körperschaften wollten sich enthalten. Die Sprecherin der Gruppe, Elisabeth Neifer-Forsch vom Arbeitsministerium, sagte, dass die Entwicklung „sehr bedauerlich“ sei. Sie dankte Holsboer für die „gute Zusammenarbeit“.

In einer Pressemitteilung gibt der Verwaltungsrat weiter bekannt, dass er voraussichtlich im Herbst über die Nachfolge im Vorstandsbereich Finanzen und Personal entscheiden wolle. Die Bild hatte bereits die NRW-Regionaldirektorin der Arbeitsagentur, Christiane Schönfeld, ins Gespräch gebracht.

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