Monokulturfreunde
entdecken Vielfalt

In zehn Sportarten werden am Wochenende in Berlin deutsche Meister ermittelt. Das multiple Sportevent entspringt einer Initiative der öffentlich-rechtlichen TV-Sender

Favoritin: Weltmeisterin Nina Reichenbach tritt bei der nationalen Trial-Meisterschaft an Foto: imago

Von Johannes Kopp

„Wir wollen an diesem Wochenende die Vielfalt des Sports abbilden“, sagte Axel Balkausky, Sportkoordinator bei der ARD. Das kann man durchaus mal machen. Eine feine Idee. Auf Ini­tiative von ARD und ZDF werden am Samstag und Sonntag die deutschen Meister in zehn verschiedenen Sport­arten in Berlin ermittelt. Und die TV-Kameras werden nicht nur das Geschehen der Kernsportarten Schwimmen und Leichtathletik ausleuchten, sondern auch beim Kanu oder Bogenschießen jede Entscheidung mit einfangen. Von siebenstelligen Produktionskosten ist die Rede, von einem Aufwand, der so nur bei Olympischen Spielen oder Fußballgroßereignissen betrieben werde. Rund 19 Stunden ist den beiden großen Sendern ihre Vielfaltskampagne wert, im Internet sollen gar 40 Stunden live auf acht Kanälen gestreamt werden.

„Das ist natürlich ein Risiko“, gibt ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann zu bedenken. Die ansonsten eher risikoscheuen öffentlich-rechtlichen Sender setzen zugleich auf den Ausbau von Altbewährtem, auf den Fußball. Dabei geht man in den letzten Jahren immer mehr in die Tiefe. Der Finaltag der Fußball­amateure, eine mehrstündige Livekonferenz der Landespokal­endspiele, ist mittlerweile fest im ARD-Programm verankert. Vor zwei Wochen übertrug der Sender am Samstagabend zum Auftakt der Dritten Liga die Begegnung zwischen Magdeburg und Braunschweig bundesweit und live. Und vergangenen Mittwochabend konnte man im ZDF zur besten Sendezeit live verfolgen, wie ein bunter Mix aus Profis, Regionalliga- und A-Jugend-Spielern des FC Bayern bei einem Vorbereitungsturnier die müden Beine bewegte.

Aber immerhin hat bei den TV-Sendern auch aufgrund der positiven Erfahrungen im Wintersport der Mut ein wenig zugenommen, durch die Bündelung mehrerer Sportarten ein Alternativprogramm zum Fußball zu entwickeln. Erstmals erfolgreich umgesetzt wurde dieses Modell vergangenes Jahr bei den European Championships, den Multisport-Europameisterschaften in Glasgow und Berlin. „Wir haben mit unseren Übertragungen so viele Zuschauer erreicht, wie wir selbst vorher nicht für möglich gehalten hätten“, bilanzierte damals ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. Die Leichtathletikwettbewerbe erzielten gar fast die gleiche TV-Zuschauerquote wie das Supercup-Fußballspiel zwischen Bayern München und Eintracht Frankfurt. Das Interesse an den Europen Championships erwuchs aus dem Angebot.

Welche Sportarten sind zu sehen?

Neben Leichtathleten, Schwimmern, Turnern, Bahnradsportlern, Bogenschützen und Boxern ermitteln auch die Kanuten und die Modernen Fünfkämpfer ihre nationalen Titelträger. Auch im Fahrrad-Trial und Triathlon sind Titelkämpfe angesetzt.

Wie viele Sportler nehmen teil?

Mehr als 3.500 Athleten kämpfen am Wochenende um 197 Titel. Die Boxer starteten ihre Vorkämpfe bereits am Dienstag.

Wo muss Eintritt bezahlt werden?

Bei den Meisterschaften der Leichtathleten, im Schwimmen, beim Boxen sowie beim Turnen und Bahnrad müssen Tickets erworben werden, kostenlos können Bogensport, Moderner Fünfkampf, Triathlon, Fahrrad-Trial und Kanu verfolgt werden.

Für die zehn Sportarten, die bei der Premiere in Berlin mitmachen dürfen, bietet das einige Chancen. Neben bekannten olympischen Sportarten dürfen sich etwa die Rad-Trialfahrer bei ihrer nationalen Meisterschaft einem größeren Publikum präsentieren. Auf dem Gelände des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks, an zentraler Stelle in Berlin, werden die Geschicklichkeitsfahrer einen Hindernisparcours überwinden, ohne dabei einen Fuß auf den Boden setzen zu dürfen. Die erst 20-jährige Nina Reichenbach, 3-fache und aktuelle Weltmeisterin, ist bei den Frauen gewiss die große Favoritin. Sie bekundete bereits ihre Vorfreude, „Teil dieses einzigartigen Events“ zu sein. Das nicht allein auf den olympischen Sportkanon festgelegte Format der Finals Berlin 2019 hat durchaus seinen Charme. Und die Zahl der Profiteure könnte am Ende gerade deshalb groß sein, weil diese multiplen nationalen Meisterschaften mit zehn Disziplinen immer noch eine gewisse Überschaubarkeit bieten. Sportpolitiker wie der Berliner Innen- und Sportsenator Andreas Geisel (SPD) haben dafür weniger Sinn. Er sieht Finals offenbar vor allem als Sprungbrett für Größeres.

Auf der Eröffnungs-Pressekonferenz forderte er die Bundesregierung dazu auf, sich zu einer Bewerbung für Olympische Spiele zu bekennen.