Seenotrettung im Mittelmeer: Auch Malta für „Alan Kurdi“ gesperrt

Erneut hat Salvini Rettern verboten, Italien anzulaufen. Die „Alex“ legte dennoch in Lampedusa an. Der „Alan Kurdi“ wurde nun auch das Anlaufen Maltas untersagt.

Die von der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye herausgegebene Aufnahme zeigt das Seenotrettungsschiff «Alan Kurdi»

Darf weder in Italien noch auf Malta anlegen: das Rettungsschiff „Alan Kurdi“ mit Geretteten an Bord Foto: dpa

VALETTA/ROM dpa/afp/epd/taz | Angesichts massiver Drohungen der italienischen Regierung hat das deutsche Rettungsschiff „Alan Kurdi“ seinen Kurs Richtung Malta geändert. Das zuletzt vor Lampedusa liegende Schiff werde den Inselstaat als nächsten sicheren Hafen ansteuern, erklärte die Hilfsorganisation Sea-Eye am Samstagabend.

Maltesische Behörden haben dem Rettungsschiff inzwischen untersagt, im Hafen der Insel anzulegen. „Sie haben keine Erlaubnis, in maltesische Hoheitsgewässer einzudringen“, sagte ein Armeesprecher im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Das Schiff der Organisation Sea-Eye hatte nach eigenen Angaben 65 Flüchtende in internationalen Gewässern vor Libyen von einem Schlauchboot gerettet.

Die Organisation hat die Hoffnung jedoch nicht verloren: „Wir sind sicher, dass Malta uns einen sicheren Hafen bieten wird, sobald Deutschland und andere EU-Staaten anbieten, die Menschen aufzunehmen. Wir erwarten, dass Malta damit nicht allein gelassen wird“, sagte Sea-Eye-Sprecherin Carlotta Weibl der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag.

Wenn die Todesfälle im Mittelmeer aufhören sollen, dann dürfen Rettungsschiffe nicht wochenlang vor den Inseln liegen bleiben, sagte sie weiter. Es gebe keine medizinischen Notfälle an Bord. Die Menschen seien aber geschwächt, fügte Weibl hinzu.

Die „Alan Kurdi“ – benannt nach dem dreijährigen syrischen Flüchtlingsjungen, dessen Leiche im Spätsommer 2015 an einem Strand in der Türkei angespühlt wurde – wollte zunächst im Hafen der italienischen Insel Lampedusa einlaufen. Es hatte aber stundenlang vergeblich auf die Erlaubnis der dortigen Behörden gewartet. Italiens Innenminister Matteo Salvini hatte dem Schiff verboten, dort in den Hafen einzulaufen.

Großaufgebot der Polizei

„Wir können nicht abwarten, bis an Bord der Notstand ausbricht“, hatte Sea-Eye-Einsatzleiter Gorden Isler der Deutschen Presse-Agentur am Samstag am Telefon gesagt. Die maltesische Armee sagte am Sonntag, das Schiff habe noch keine Notfallversorgung angefordert.

Am Samstagmorgen hatte Sea-Eye bei Twitter mitgeteilt, die italienische Finanzpolizei sei „persönlich vorbeigekommen“, um ein Dekret des Innenministers Matteo Salvini zu überbringen: „Der Hafen ist zu.“

Das Segelschiff „Alex“ setzte sich dagegen über Salvinis Verbot hinweg und legte im Hafen von Lampedusa an. In der Nacht auf Sonntag gingen die 41 Geretteten an Bord des Schiffs der Organisation „Mediterranea“ schließlich an Land. Zuvor hatte die Organisation den Notstand auf dem Boot ausgerufen. Die hygienischen Bedingungen an Bord seien nicht länger tragbar, schrieb Mediterranea nach zwei Tagen Wartens vor der Küste im Kurzbotschaftendienst Twitter. Lampedusa sei der einzig mögliche sichere Hafen.

Innenminister Salvini von der rechtsradikalen Lega schrieb nach dem Andocken des Schiffes bei Twitter, bei der Crew der „Alex“ handele es sich um „Schakale“. Er verbot den Menschen, das Schiff zu verlassen. Daraufhin forderte Mediterranea den Vizeregierungschef per Twitter auf, „die unnötige Grausamkeit“ zu beenden und alle von Bord zu lassen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bot an, einen Teil der Geflüchteten in Deutschland aufzunehmen.

Links das Segelschiff Alex, das anlandet. Rechts am Ufer steht bereits aufgereiht die italienische Polizei

Unschönes Empfangskomitee für die „Alex“ und die Geretteten Foto: ap

Wenn selbst Seehofer menschlicher ist

Nachdem die Geretteten die „Alex“ in der Nacht auf Sonntag verlassen hatten, wurde das Schiff nach Angaben des italienischen Rundfunks beschlagnahmt.

Gegen die Besatzung wurden Ermittlungen wegen Begünstigung illegaler Einwanderung aufgenommen. Die vor der libyschen Küste geretteten 46 an Bord verbliebenen Migranten wurden in den Hotspot von Lampedusa gebracht.

Seehofer forderte nach Angaben aus Regierungskreisen in Berlin Salvini in einem Brief dazu auf, die Blockade italienischer Häfen für Flüchtlings-Rettungsschiffe aufzuheben. Demnach betonte Seehofer, dass es sich bei der Rettung von Menschen in Seenot um eine humanitäre Pflicht handle, die nicht in Frage gestellt werden dürfe.

Die Bundesregierung sei „im Rahmen einer europäisch-solidarischen Lösung bereit, einen Teil der aus Seenot Geretteten aufzunehmen“, erklärte Seehofer bei Twitter. Nach AFP-Informationen betonte der CSU-Politiker gegenüber Salvini, dass diese Unterstützung nicht nur für Geflüchtete gelte, die von Schiffen unter deutscher Flagge gerettet wurden.

Wegen seiner harten Haltung ist Salvinis Popularität sowie die seiner rechtsradikalen Partei Lega in Italien gestiegen. Laut einer am Samstag in der Zeitung „Corriere della Sera“ veröffentlichten Umfrage stimmen 59 Prozent der Italiener der Schließung italienischer Häfen für Rettungsschiffe von Nichtregierungsorganisationen zu.

Vergangene Woche hatte die „Sea-Watch 3“ der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch trotz des Verbots der populistischen Regierung in Rom Kurs auf die italienischen Hoheitsgewässer genommen und mit zuletzt noch 40 Migranten an Bord im Hafen Lampedusas angelegt. Die deutsche Kapitänin Carola Rackete war daraufhin festgenommen und erst am Dienstag wieder freigelassen worden. Rackete wird unter anderem Beihilfe zur illegalen Einwanderung vorgeworfen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.