Microsoft macht E-Books unlesbar: Lizenz zum Lesen, oder auch nicht

Das E-Book oder die Playlist auf der Streaming-Plattform kann man nicht verlieren. Oder doch? Wie sich Eigentum im Netz verändert.

Eine Frau liegt in der Hängematte und liest auf einem E-Reader

Bequem, aber nicht unbedingt dauerhaft sicher Foto: unsplash/Perfecto Capucine

Wer schon einmal ein Buch an eine Tasse Kaffee oder einen treulosen Freund verloren hat, vertraut fortan vielleicht lieber auf E-Books: Geht der Reader kaputt oder verloren, können Kund*innen auf einem neuen Gerät trotzdem auf ihre Käufe zugreifen.

Das gilt für Bücher genauso wie für Filme, Lieder oder Spiele. Sie können tausendfach wiedergegeben werden – ohne Qualitätsverlust. Ist der Online-Erwerb also die Garantie für lebenslangen Genuss? Wohl kaum, wie Microsoft nun eindrucksvoll beweist.

Bereits im April gab das Unternehmen bekannt, seine E-Book-Sparte einzustellen. Anscheinend lohnt sich das digitale Geschäft mit Büchern nicht. Der Verkauf wurde sofort eingestellt. Doch auch auf bereits erworbene Bücher können Kund*innen bald nicht mehr zugreifen.

Der Grund? Wer ein Buch im E-Book-Store gekauft hatte, erwarb eine Lizenz, um auf das Buch zuzugreifen. Ob Nutzer*innen über die entsprechende Lizenz verfügen, überprüfen Server als Teil des sogenannten Digital Rights Management (DRM). Diese Server schaltet Microsoft im Juli ab. Das führt dazu, dass Kund*innen ihre Bücher nicht mehr lesen können.

DRM soll durch technische Beschränkungen Urheber*innen und Firmen vor Raubkopien und Betrug schützen. Für die Kund*innen bedeutet es, dass sie nicht ein Produkt nicht voll funktional erwerben, sondern lediglich die Lizenz zu seiner Nutzung.

Kritik am Digital Rights Management

Stellt ein Unternehmen wie Microsoft Dienste ein, kann das problematisch werden. Gleiches gilt für Firmenpleiten. Letzteres ist bei Microsoft glücklicherweise nicht der Fall: Kund*innen erhalten als Entschädigung Rückzahlungen auf das Konto, welches sie beim Kauf verwendet haben. Ist dieses nicht mehr gültig, wird das Geld auf ihr Microsoft-Kundenkonto gutgeschrieben. Für Notizen und Markierungen im Buch – wohlgemerkt nur solche, die vor der Ankündigung des Endes des Microsoft E-Book-Store erstellt wurden – gibt es nochmal 25 Dollar obendrauf.

Digital Rights Management hat noch andere Haken: Mithilfe von DRM-Systemen können Firmen ihre Kund*innen an ihr Produkt binden, indem sie nur bestimmte Software auf ihren Geräten zulassen. Herausragendes Beispiel hierfür ist Apple mit seiner Musik-Software iTunes.

Die Kritik am DRM ist nicht neu und Microsoft-E-Book-Kund*innen sind auch nicht die ersten, die die negativen Auswirkungen von DRM zu spüren bekommen. 2009 verschwanden beispielsweise schon mal „1984“ und „Farm der Tiere“ von Kindle-Geräten, dem E-Book-Reader von Amazon. Der Rechteinhaber habe sich beklagt, woraufhin die Bücher von den Kindles der Kund*innen gelöscht wurden.

Wer jetzt denkt: „Mal ehrlich, die meisten Bücher liest man doch eh nur einmal“ sei zum Beispiel an Musik-Streaming-Dienste erinnert, die nach einem ähnlichen Prinzip funktionieren. So wurde der Streaming-Dienst Juke zum 30. April 2019 eingestellt. Eine Möglichkeit zum Transfer der gespeicherten Musik gab es nicht. Was Nutzer*innen nicht physisch in den eigenen Händen halten, können sie also vielleicht nicht kaputt machen, dauerhaft sicher ist es deswegen aber trotzdem nicht.

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