Anti-Rape-Produkte: „Schütz dich!“

Schnittfeste Unterwäsche oder Kondome, die sich in den Penis einhaken: Sind Produkte zur Vorbeugung von Vergewaltigungen der richtige Ansatz?

Einige Frauen auf einer Demonstration. Eine von ihnen hält ein Schild mit der Aufschrift "Ich habe nichts anzuziehen, was mich vor Gewalt schützt"

München im Juli: Auf dem „Slut Walk“ demonstrieren TeilnehmerInnen gegen sexualisierte Gewalt Foto: imago-images/Zuma Press

„Kennst du das Gefühl, wenn du draußen bist, dass hinter jeder Ecke jemand auftauchen könnte, um dich zu überfallen?“ So bewirbt die Marke „Safe Shorts“ ihr Produkt. Die Sicherheitshosen sollen vor sexuellen Übergriffen schützen. Sie sind eines von zahlreichen neuen Produkten, die von der Angst vor sexueller Gewalt leben. Die Klassiker unter ihnen: Pfefferspray und Taschenalarm. Ein kleines Gerät, das Angreifer durch einen lauten Ton verjagen soll.

Von einer Kommerzialisierung der Angst kann man (noch) nicht sprechen, denn die meisten „Anti-Rape-Devices“ sind Nischenprodukte oder schaffen gar nicht erst den Sprung von der Idee zur Marktreife. Auch scheint die Angebote eines zu verbinden: Sie sind gut gemeint, vielleicht auch in Einzelfällen hilfreich. Und die meisten Anbieter wollen ihre Erfindungen eher als einen Beitrag für eine Zukunft sehen, in der solche Produkte nicht mehr nötig sind.

Dennoch: Die breite Palette an Anti-Rape-Geräten verfestigt fehlerhafte Vorstellungen und ist damit auch selbst problematisch. Die wenigsten Übergriffe passieren nachts im Wald. Gewalttätige Beziehungen, Vergewaltigungen durch Bekannte oder Übergriffe im Arbeitskontext sind das häufigere Problem. Safe Shorts und Co konzentrieren sich jedoch auf den Schutz vor Angriffen von bösen Fremden und reproduzieren damit den Fokus auf Ausnahmenfälle.

Ihr „Schütz dich!“-Diskurs schiebt die Verantwortung dabei den potentiellen Opfern zu, anstatt gegen Rape Culture und die Objektifizierung von Frauen zu kämpfen. Frauen Gadgets an die Hand zu geben, ist keine effektive Prävention.

Auch Studien setzen sich mit verschiedenen Antivergewaltigungs-Technologien auseinander. Das Problem sexueller Übergriffe einfach weginnovieren? So einfach ist es leider nicht.

Die Produkte und was sie versprechen

Safe Shorts: Die Sporthose wird mit reißfesten Schnüren festgezurrt und abgeschlossen. Sollte jemand an den Shorts zerren, lassen sich die nicht nur nicht ausziehen, sondern lösen auch einen lauten Alarm aus. Die Erfinderin der Shorts entwickelte die Idee, nachdem sie beim Joggen angegriffen worden war und berichtete nach der Berichterstattung über die Silvesternacht in Köln über große Nachfrage. Der Anbieter meint: „Ein Keuschheitsgürtel kann mich schützen, aber er ist zu schwer und schneidet mir in die Haut. Klar, mit Metallgestell zu joggen ist unpraktisch, gut also, dass es Safe Shorts gibt

WayGuard – App: Die App sendet GPS-Daten an ausgesuchte Bekannte und an eine Leitstelle. So kann frau sich aus der Ferne begleiten lassen und im Notfall schnell Hilfe bekommen. Entwickelt von der Versicherung AXA und der Polizei Köln, hat die kostenlose App deutschlandweit bereits 260.000 Nutzer*innen. Auf der Homepage außerdem: „Verhaltenstipps: Wie du dich besser schützen kannst!“ Am Ende bleibt die Prävention doch an dir hängen. Die App kann immerhin Sicherheit vermitteln, vorausgesetzt, Akku und Internetverbindung halten.

Yes to Sex – App: Vor dem Sex nochmal kurz innehalten, Handy raus, und ein paar Häkchen setzen. Bist du in Stimmung? Bei Bewusstsein? Schnell eine Verhütungsmethode auswählen und ein lautes „Ja“ oder „Nein“ aufnehmen und schon kann’s losgehen. Auf GooglePlay zählt die App 100.000 Installationen. Dort wird es vor allem als Sex Education Tool angeboten. „Erleichtert die Peinlichkeit, nach sexuellem Einverständnis zu fragen“, finden die Anbieter. Anstatt sensibel miteinander umzugehen, lieber per App eine Vereinbarung aufsetzen. Weniger awkward? Na ja.

Xantus – Drinkcheck: Der Papierstreifen wird als Armband getragen. Ein paar Tropfen des verdächtigen Getränks auf das Testfeld geträufelt geben nach zwei Minuten Aufschluss darüber, ob K.O.-Tropfen drin sind oder nicht. Eine von mehreren Varianten sogenannter „Date Rape Drug Tests“. Im dm-Onlineshop gibt’s 4 Streifen für 10 €. Eines der Verkaufsargumente: „Durch das Tragen werden Täter im Vorfeld abgeschreckt.“ Und kippen die Tropfen in das Getränk der nächsten Person?

Invi Bracelet: Wird das Armband aktiviert, setzt es einen übelriechenden Stoff frei. Das soll Angreifer abschrecken und andere alarmieren. Das Lederarmband kostet immerhin 70 Euro, ist dafür aber in drei Farben erhältlich. Entwickelt wurde es in den Niederlanden, wo Pfefferspray verboten ist. Das Unternehmen verkauft seine Armbänder mit einer Mission: „Trage es um das Schweigen zu brechen und Bewusstsein zu verbreiten.“ Wie ein Taschenalarm, nur für die Nase, statt für die Ohren. Dass Gestank zudem als sexuelle Antistimulanz wirken soll, überrascht nicht wirklich.

Rape-aXe: Das „Femidom“ wird in die Vagina eingeführt. In seinem Inneren sind Klingen angebracht, die sich bei einer Penetration in den Penis einhaken und nur noch von medizinischem Fachpersonal entfernen lassen. Der Prototyp wurde schon 2009 vorgestellt. Das Fundraising läuft noch immer. „Wenn ich da unten nur Zähne hätte!“ Dieser Wunsch soll die Inspiration für das Rape-aXe Design gewesen sein. Sexuelle Übergriffe verhindern kann Rape-aXe nicht, aber vermutlich dafür sorgen, dass Vergewaltiger nicht zu Wiederholungstätern werden.

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