Krise am Persischen Golf: Iranische Überlegenheit

Teherans Stärke liegt darin begründet, dass es seit Jahrzehnten mit harten Sanktionen lebt. Die USA unterschätzen das Regime.

Ein Motorboot vor einem Öltanker

Ein Motorboot der iranischen Revolutionsgarden bewacht den britischen Öltanker Foto: ap

In Donald Trumps Welt ist alles neu, was ihm selbst neu ist. Zum Beispiel die härtesten Sanktionen aller Zeiten gegen Iran, der Wunsch nach einem Regimewechsel und das engste aller Bündnisse mit den Briten für eine neue Ordnung im Nahen Osten. Wer sich schon vor dem Amtsantritt des US-Präsidenten einmal mit Iran und der Region befasst hat, wird sich erinnern: Die härtesten Sanktionen aller Zeiten gab es auch schon unter Trumps Vorvorgänger George W. Bush, der Iran als „Schurkenstaat“ brandmarkte und für einen Waffengang und „Regime Change“ tatsächlich breite Unterstützung gehabt hätte. Auch zwischen Washington und London passte damals kein Blatt; Großbritanniens damaliger Regierungschef Tony Blair erwarb sich den Ruf als „Bushs Pudel“.

Irans Stärke und Überlegenheit liegen darin begründet, dass die Islamische Republik seit Jahrzehnten daran gewöhnt ist, mit internationalen Sanktionen zu leben. Sie nun erneut wegen der Festsetzung des britischen Öltankers „Stena Impero“ zu verschärfen, schreckt niemanden. Die Bevölkerung wird darunter leiden und wütend sein. Doch auf wen? Die Einschätzung des Regimes, die Sanktionen seien eine Form des „wirtschaftlichen Terrorismus“, wird von der Mehrheit der Bevölkerung geteilt. Noch ein bisschen weiter die Daumenschrauben anzuziehen wird weder zu einem Regimewechsel führen noch zu einem Einlenken beim Atomprogramm.

Trump unterschätzt die Iraner, vor allem ihr strategisches und taktisches Geschick. Sie haben in den vergangenen fünfzehn Jahren, ohne direkt Krieg zu führen, ihre Dominanz in der gesamten Region ausgebaut. Sie dürften auch jetzt sehr genau im Blick haben, wie weit sie mit ihren Provokationen in der Straße von Hormus gehen, und sich dabei durchaus im Klaren sein, dass sie mit Streichhölzern neben einem Pulverfass spielen.

Natürlich kann es dabei auch explodieren. Bei einem größeren Vorfall könnten die Konfliktparteien durchaus unbeabsichtigt in einen Krieg hineinschlittern, es könnte vielleicht sogar ein Nato-Bündnisfall entstehen. Doch aus iranischer Sicht ist es ein kalkuliertes Risiko. Trump fehlt nicht nur zu Hause die Mehrheit für eine kriegerische Auseinandersetzung. Er selbst hat politisch auch immer das Gegenteil gewollt: Rückzug der US-Truppen, ein Ende der amerikanischen Rolle als Weltpolizist. Die Briten haben noch viel weniger Rückhalt für eine militärische Konfrontation und weiß Gott andere Probleme.

Wie eine verschärfte Politik gegenüber Iran zurückwirken kann, zeigt die Empfehlung Londons, britische Schiffe sollten die Meerenge in absehbarer Zukunft möglichst meiden. Das bedeutet: Umwege und höhere Kosten. Dauerhafte Spannungen auf einer so stark befahrenen Handelsroute gefährden die Weltwirtschaft. Iran zu unterschätzen ist ein Fehler, für den am Ende alle teuer bezahlen könnten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.