Deutsche Wohnen zieht den Kürzeren: Karl Marx verstaatlicht

Die Wohnungsbaugesellschaft Gewobag übernimmt drei Blöcke in der Berliner Karl-Marx-Allee. Zuvor waren sie von der Deutsche Wohnen gekauft worden.

Protestplakat an einem Haus in der Karl-marx-Allee: "Sale" durchgestrichen

Die Mieter in der Karl-Marx-Allee haben massiv gegen den Verkauf an die Deutsche Wohnen protestiert Foto: dpa

BERLIN taz | Acht Monate ist es her, da ging ein Aufschrei durch die Mieterschaft der Karl-Marx-Allee, durch die Bezirks- und Landespolitik. Die Deutsche Wohnen, Berlins größter und wohl unbeliebtester privater Vermieter, hatte die Blöcke C-Nord und -Süd sowie D-Nord und -Süd der prestigeträchtigen Straße gekauft: annähernd 700 Wohnungen – Gesamtvolumen des Deals geschätzte 300 Millionen Euro.

Nachdem der Block C-Süd, als einziger im Milieuschutzgebiet gelegen, bereits im Dezember über das Vorkaufsrecht an die Wohnbaugesellschaft Mitte gegangen war, steht seit Montag fest: Auch die anderen betroffenen Häuser gehen in öffentlichen Besitz.

Wie der Senat mitteilte, hat die Gewobag, mit 60.000 Wohnungen die zweitgrößte der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, den Kauf der drei Blöcke mit der Verkäuferin Predac beurkundet. Über den Kaufpreis machte die Gewobag auf Nachfrage keine Angaben. Aus der Senatsverwaltung für Finanzen hieß es auf taz-Anfrage, dass ein Landeszuschuss gewährt wurde. Dieser ist an die Vergabe freier Wohnungen an WBS-Berechtigte und Geringverdiener für die nächsten 20 Jahre gekoppelt.

Norbert Bogedein

„Ohne die Mieter hätte das nicht funktioniert“

Norbert Bogedein, Vorsitzender des Mieterbeirats, zeigte sich im Gespräch mit der taz erfreut: „Unser Ziel, in die kommunale Hand zurückzufallen, ist damit erreicht.“ Der Erfolg sei ein Ergebnis „vieler Anstrengungen“ und auf die Proteste der Mieterschaft zurückzuführen: „Wenn wir nicht so aktiv gewesen wären, hätte das nicht funktioniert.“ Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) nannte es seine „feste Absicht, dort, wo es geht, Wohnungen zu kaufen, damit Berlin wieder mehr Kontrolle über den Wohnungsmarkt erlangt“.

Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) sagte der taz: „Ein Kampf, den viele für ein Himmelfahrtskommando gehalten haben, ist nun mit dem maximalen Ergebnis erfolgreich zum Ende gekommen.“ Auf dem Weg zur Rekommunalisierung sei die Stadt vorangekommen, das Ziel müsse es sein, „mindestens 50 Prozent der Mietwohnungen in Gemeinwohlbewirtschaftung zu bringen“.

Ergebnis großer Anstrengungen

Dem Kauf der Wohnungen durch die Gewobag ist ein komplizierter Prozess vorausgegangen. Gegen den Verkauf der drei Blöcke an die Deutsche Wohnen hatte der Senat im Dezember eine einstweilige Verfügung erwirkt. Gleichzeitig wurde ein Modell erarbeitet, wie MieterInnen ihr individuelles Vorkaufsrecht nutzen können – und die Wohnungen dann an die Wohnungsbaugesellschaft weitergeben.

Das Modell des „gestreckten Erwerbs“ war unter großem Zeitdruck erarbeitet worden und sollte dazu führen, dass die Deutsche Wohnen nicht mehr allein über die Bewirtschaftung der Häuser entscheiden könne. 52 Mieter sind selbst Eigentümer ihrer Wohnungen geworden – und bleiben das auch jetzt nach dem Erwerb durch die Gewobag.

In zweiter Instanz hatte das Kammergericht die einstweilige Verfügung aufgehoben, aber den Verkauf an die Deutsche Wohnen in insgesamt 17 Punkten beanstandet. Im Mai dieses Jahres war die Predac erneut auf die Mieter zugegangen mit dem Angebot, die Wohnungen zu übernehmen. In zwei von drei Blöcken hatte die Mieterschaft in der Folge die Mehrheit der 10.000 Anteile übernommen, in die jeder Wohnblock aufgeteilt ist.

Dies habe die Übernahme für die Deutsche Wohnen „weniger attraktiv“ gemacht und den Kauf durch die Gewobag ermöglicht, so Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD). Über einen fünften Block, den die Deutsche Wohnen gekauft hatte, würden gerade Gespräche geführt, so der Senat.

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