Und rausbistdu …

Mitarbeiter im Gebäude der Deutschen Bank in London am Tag der Bekanntgabe des Stellen­abbaus Foto: Leon Neal/getty images

Investmentbanker? Das sind doch jene Typen, die nur in klimatisierten Räumen ab dem 40. Stockwerk aufwärts leben, die sich ausschließlich um ihre Maßanzüge und ihre Jahresboni sorgen und die ständig zwischen eiskalter Berechnung und akuten Schüben von Größenwahn changieren. Im popkulturellen Gedächtnis verankert durch so ultrafiese Filmfiguren wie Gordon Gekko oder den „American Psycho“Patrick Bateman.

Aber selbst wenn nicht jeder Investmentbanker nach Feierabend seine Mitmenschen mit einer Kettensäge zerlegt, sind Leute, die Unsummen damit verdienen, auf Computerbildschirmen ein paar Zahlen von links nach rechts zu verschieben, auch für nur leicht kapitalismuskritisch angehauchte Normalbürger ein lieb gewonnenes Feindbild. Muss man mit so jemandem Mitleid haben, wenn er den Job verliert?

Die Frage stand Anfang dieser Woche im Raum, als die Deutsche Bank ankündigte, sich weitgehend von ihrem Investmentbanking zu trennen, und sofort damit begann, Tausende Banker in London, New York, Singapur und Hongkong vor die Tür zu setzen. Insgesamt 18.000 Jobs sollen wegfallen, fast jede fünfte Stelle, ganze Büroetagen wurden am Montag geräumt. Ein Aufschrei, wie das bei Massenentlassungen in anderen Branchen der Fall ist, blieb aus. Auch Verdi hatte nichts einzuwenden und begrüßte, dass sich die Bank nun wieder auf das solide Geschäft mit Firmen- und Privatkunden besinnen wolle.

Klar, Investmentbanker stellt man sich als vor Selbstsicherheit schier platzende Charaktere vor. Aber selbst mit diesen macht es etwas, wenn sie am Morgen kurz in das Büro des Vorgesetzten bestellt werden und mittags schon im Pub mit anderen Gefeuerten ihr Frust-Pint trinken. Was es für so jemanden bedeutet, plötzlich auf der Straße zu stehen, zeigt ein anderer Film: „The Company Men“. Entstanden auf dem Höhepunkt der US-Finanzkrise, spielt Ben Affleck einen gefeuerten Topmanager, der mit seinem Schreibtisch seinen Lebensinhalt verliert. Da ist es dann irgendwann seine kleinste Sorge, dass er sich auch den ­Porsche nicht mehr leisten kann.

Er beginnt dann, bei seinem Schwager als Handwerker zu arbeiten, und findet zunehmend Gefallen an der einfachen Arbeit. Am Ende des Films hilft er mit, eine kleine Firma neu aufzubauen, die – Achtung, Unterschied zu den komplizierten Finanzderivaten – wirklich etwas produziert.

Das ist natürlich ein Märchen. So läuft es ja nicht. Wahrscheinlich werden die allermeisten, die diese Woche die Deutsche-Bank-Stockwerke verlassen haben, nach einer Weile wieder einen Job in einem anderen Büro der Finanzdienstbranche finden. Und dort wieder Zahlen von einer Stelle an die andere verschieben. Immer mit der Angst im Nacken, dass der Kollege nebenan einen größeren Bonus einstreichen könnte als man selbst.

Da kann man dann wirklich Mitleid haben. Jan Pfaff