Anhörung im EU-Parlament: Knackpunkt Klimaschutz

Ursula von der Leyen beteuert, in der EU-Kommission mehr fürs Klima tun zu wollen. Die Sozialdemokraten überzeugt sie damit nicht.

Die Bundesverteidigungsministerin wird von männlichen Sicherheitskräften auf dem Weg zu einem Treffen im Europäischen Parlament begleitet.

Ursula von der Leyen wird auf dem Weg ins Europäische Parlament von Sicherheitskräften begleitet Foto: ap

BRÜSSEL taz | Sie sonnte sich im Glanz von Margrethe Vestager und versprach jedem, was er hören wollte: Bei ihrer ersten öffentlichen Anhörung im Europaparlament in Brüssel hat sich die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) sehr geschmeidig gezeigt. Dennoch muss die deutsche Verteidigungsministerin weiter um eine Mehrheit im EU-Parlament bangen.

„Wir sind auf der gleichen Wellenlänge, ich habe großen Respekt vor ihr“, lobte von der Leyen die dänische Wettbewerbskommissarin Vestager, die sich im Poker um die Topjobs in Brüssel nicht durchsetzen konnte. In der nächsten EU-Kommission werde die Liberale eine „herausragende Position“ einnehmen, versprach von der Leyen bei einer Anhörung in der liberalen Fraktion.

Das war Balsam auf die Wunden, die die überraschende Nominierung zur Kommissionschefin bei vielen Abgeordneten gerissen hat. Vestager war bei der Europawahl als Teil eines Teams angetreten, von der Leyen hatte sich dagegen nicht einmal am Wahlkampf beteiligt. Deshalb muss sie nun nachträglich versuchen, die Abgeordneten von ihrer Eignung und ihrem Programm zu überzeugen.

Klimaneutralität bis 2050

Sie wisse, dass „wir einen holprigen Start zusammen hatten“, sagte die deutsche Kandidatin. „Ich kann die Vergangenheit nicht heilen.“ Sie werde sich jedoch dafür einsetzen, das – bei ihrer eigenen Nominierung wirkungslose – System der Spitzenkandidaten zu reformieren. Bei der Europawahl 2024 müsse es ein ausgereiftes und akzeptiertes Wahlsystem geben.

Als Kommissionschefin werde sie sich vor allem für mehr Klimaschutz einsetzen, versprach von der Leyen. Die umstrittene Klimaneutralität bis 2050 sei ihr Hauptziel. Zudem will sie sich dafür einsetzen, dass die EU ihre Treib­hausgasemissionen bis 2030 um mindestens 50 Prozent gegenüber 1990 senkt. Bisher gilt ein 40-Prozent-Ziel. Neue Klimasteuern schloss von der Leyen jedoch aus. Stattdessen soll der Emissionshandel ausgeweitet werden.

Ob das reicht, um die Abgeordneten zu überzeugen, blieb am Mittwoch offen. Die Zusagen seien „in vielen Bereichen zu schwammig“, sagte eine liberale Abgeordnete. „Wir brauchen klare Zusagen“, erklärte Fraktionschef Dacian Cioloş, der selbst schon einmal EU-Kommissar war. Von der Leyen müsse nicht nur den künftigen Rang von Vestager klären, sondern sich auch für eine EU-Reform einsetzen.

Sozialdemokraten nicht überzeugt

Während die Liberalen noch zögern, haben die Sozialdemokraten schon den Daumen gesenkt: Von der Leyen hat sie nicht überzeugt. Die Aussagen zur Klimapolitik reichten nicht aus, erklärte Fraktionschefin Iratxe García Pérez nach einer nichtöffentlichen Sitzung mit der Möchtegern-Präsidentin. Die Sozialdemokraten wollen sich nun intern beraten und erst kommende Woche entscheiden, ob sie von der Leyen ihre Stimme geben.

Damit wächst die Spannung, zumal sich auch die Grünen alle Optionen offenhalten. Auch sie hatten am Mittwoch ein Hearing mit Von der Leyen, bei dem viele Fragen unbeantwortet blieben. Die Kandidatin bekannte sich zwar zum sozialen Europa und forderte einen „Mindestlohn in jedem Land“. Beim Dieselgate und beim deutschen Leistungsbilanzüberschuss blieb sie aber vage und unverbindlich. „Sie haben meine Fragen nicht beantwortet“, ärgerte sich Finanzexperte Sven Giegold.

Entwarnung kam von den Christdemokraten. Dass von der Leyen das EU-Klimaziel auf 50 Prozent anheben will, sei richtig, erklärte CDU-Europaabgeordneter Peter Liese. Es sei erreichbar. Allerdings müsse der Schiffsverkehr in den Emissionshandel einbezogen werden. Außerdem müssten Deutschland und andere EU-Länder den beschlossenen Kohleausstieg umsetzen.

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