Geschlechterfragen auf dem Kirchentag: Gender? Gott bewahre!

Der Vatikan verdammt die Gendertheorie. Beim Evangelischen Kirchentag dagegen strahlt der Regenbogen in all seinen Facetten.

Ein Regenbogen leuchtet zwischen dunklen Wolken hervor, links im Bild ist ein Leuchtturm zu sehen.

Im Vatikan bleibt es dunkel, wenn es um sexuelle Vielfalt geht, anders bei den Protestanten Foto: dpa/Owen Humphreys

Lesbische Einsamkeitserfahrungen, trans*inklusive Gemeinden, Coming-out und Bibelarbeit gegen Homofeindlichkeit – ein buntes Programm zum Evangelischen Kirchentag. Auf den Podien sitzen feministische Vorbilder, intersexuelle Menschen, eine Sexarbeiterin. Anders sieht es im Vatikan aus: Pfingstmontag veröffentlichte er eine Stellungnahme zur Gendertheorie. Sie wünsche sich eine geschlechtslose Gesellschaft und gefährde so die Basis der Familie.

„Die käuen nur ihre verschrobenen Ideen von Geschlecht und Paarbeziehungen wieder“, sagt Thomas Pöschl über den Vatikan. Der 58-jährige Verkehrsplaner aus Offenbach ist seit rund zehn Jahren in der Ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexualität und Kirche. Er ist selber katholisch und schwul. Das Dokument des Vatikans sei kein Dialogangebot, sondern ein Monolog, findet er.

Die Stellungnahme soll eine Empfehlung zum respektvollen Umgang mit Gender in der Bildung sein. Stattdessen stellt sie Intersexualität als medizinisch zu korrigierende Abweichung dar und sieht gleichgeschlechtliche Paare nicht als gleichberechtigte Eltern an.

„Wir waren in der Ökumene schon mal weiter“, sagt Eva Burgdorf. Sie ist Projektleiterin des Zentrums Regenbogen, das seit drei Jahren Bestandteil des Kirchentags ist. Dank ihnen heißt es in den Liederbüchern jetzt auch mal: Lobet die Ewige, die Allmächtige!

Wo ist die Schmerzgrenze?

Im Regenbogencafé, dem Treffpunkt für LGBTTQI*-Themen, sitzt Burgdorf mit einer Runde lesbischer Frauen am Fenster, die sich alle zwei Jahre beim Kirchentag treffen. Auch in der evangelischen Kirche sei es nicht immer einfach, erzählt Dorothea Zwölfer, die mit am Tisch sitzt. Die Pfarrerin mit trans*-Biografie möchte in Bayern in ein Pfarrhaus ziehen – dafür müssen der jeweilige Kirchenvorstand, der Dekan und der Regionalbischof zustimmen. Weil sie mit einer Frau dort leben will, hat sie noch keine Zustimmung bekommen.

Kirchentage unter evangelischen ChristInnen heißt: Ernst zu nehmen, was dort verhandelt, erörtert, begrübelt und was direkt zur Sprache gebracht wird.

In Dortmund stehen Themen wie Migration, Feminismus, Klima und Umwelt im Mittelpunkt. Typische taz-Themen also.

Deshalb begleiten wir den Kirchentag auch: vor Ort und mit vier täglichen Sonderseiten in der Zeitung. Die taz Panter Stiftung hat dafür 9 junge JournalistInnen ins Ruhrgebiet geschickt.

„Wir haben dennoch viel erreicht“, meint Burgdorf. Fast überall ist die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare erlaubt, bei den Katholiken sieht das ganz anders aus. Einzelne Bischöfe stoßen das Thema Homosexualität zwar an. „Aber die katholische Kirche ist nicht besonders schnell“, meint Thomas Pöschl vom Ökumenischen Arbeitskreis Homosexualität und Kirche. „Noch halte ich es in der katholischen Kirche aus“, sagt er. Wo seine Schmerzgrenze ist und er austreten würde, weiß er nicht genau.

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