Zehn Tage bis Vertragsbruch: Iran leitet Atom-Countdown ein

Teheran will gegen die Vertragsauflagen verstoßen, wenn die Europäer den Atomdeal nicht retten. Die liegen derweil im Clinch mit den USA.

Hassan Rohani vor einer Schalttafel in einem Atomkraftwerk im Iran

Präsident Hassan Rohani besucht ein iranisches Atomkraftwerk Foto: ap

BERLIN taz | Mit einem Countdown versucht die iranische Führung den Druck auf die Europäer zu erhöhen. Noch zehn Tage blieben, bevor Iran am 27. Juni eine zentrale Vereinbarung des Wiener Atomabkommens von 2015 nicht mehr einhalten werde. Dann wird das Land nach Angaben des Sprechers der iranischen Atomorganisation, Behrus Kamalwandi, die vereinbarte Maximalmenge von 300 Kilogramm leicht angereicherten Urans überschreiten. Das sagte Kamalwandi am Montag während einer live im Staatsfernsehen übertragenen Pressekonferenz am Schwerwasserreaktor in Arak.

Zugleich drohte er erneut, dass Iran einen weiteren Kernpunkt des Abkommens nicht mehr erfüllen und Uran wieder stärker anreichern könne. „In der zweiten Phase des Teilausstiegs sind wir umgehend bereit, Uran höher als die im Atomdeal festgesetzte Obergrenze von 3,67 Prozent anzureichern“, so Kamalwandi. Mit dem Überschreiten dieser Obergrenze wäre das Atomabkommen faktisch aufgekündigt. Hochangereichertes Uran wird für die Herstellung von Atomwaffen benötigt.

Zuvor hatte die iranische Regierung ihren europäischen Vertragspartnern eine Frist bis zum 7. Juli gesetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten die Europäer die neuen US-Sanktionen gegen das Land neutralisieren, also den wirtschaftlichen Schaden ausgleichen, der durch die von Washington verhängten Strafmaßnahmen gegen den iranischen Banken- und Finanzsektor sowie die Ölindustrie entsteht.

Dass die Europäer dazu in der Lage und auch willens sind, ist unwahrscheinlich, auch wenn in Berlin, Paris und Brüssel immer wieder betont wird, dass man an dem mühsam ausgehandelten Abkommen festhalte.

Streit über attackierte Tanker: War es Iran?

In Luxemburg trafen sich am Montag die EU-Außenminister, um unter anderem über den Irankonflikt zu beraten. Die Lage hatte sich zugespitzt, als am Donnerstag zwei Tanker im Golf von Oman angegriffen worden waren. Die EU-Außenminister, darunter Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD), stellten sich bei ihrem Treffen in Luxemburg jedoch nicht hinter ihre Verbündeten in Washington und London.

Die USA und Großbritannien hatten Iran für die Angriffe verantwortlich gemacht. Auch Saudi-Arabien pflichtete dem bei und forderte „schnelles und entschiedenes“ Handeln, um Erdölexporte aus der Golfregion zu sichern. Durch die beim Golf von Oman und zwischen Iran und der Arabischen Halbinsel gelegene Meerenge von Hormus wird etwa ein Drittel des weltweiten Erdöls transportiert.

US-Präsident Donald Trump schickt im eskalierenden Konflikt mit dem Iran rund 1000 weitere Soldaten in den Nahen Osten. Die Soldaten würden zu „Verteidigungszwecken“ in die Region entsandt, teilte der amtierende US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan am Montag (Ortszeit) in Washington mit. Shanahan betonte zugleich: „Die Vereinigten Staaten streben keinen Konflikt mit dem Iran an.“ (dpa)

Was im Golf von Oman am Donnerstag allerdings genau geschah, ist weiterhin unklar. Teheran bestreitet, hinter den Angriffen auf die Tanker zu stehen. Eines der beiden Schiffe war nach Explosionen in Brand geraten. Die USA veröffentlichten ein Video, das zeigen soll, wie ein Schnellboot der iranischen Revolutionsgarden nach den Explosionen auf einen der beiden Tanker zufährt, um eine nicht explodierte Haftmine vom Tankerrumpf zu entfernen.

Den Europäern reicht dies jedoch nicht als Beweis. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn ging sogar so weit, die Echtheit des Videos in Zweifel zu ziehen. Er erinnerte an den berühmt-berüchtigten Auftritt des ehemaligen US-Außenministers Colin Powell. Dieser hatte vor dem Irakkrieg 2003 Falschinformationen über angebliche Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins präsentiert, was letztendlich zum Irakkrieg führte.

Asselborn forderte eine unabhängige Untersuchung der jüngsten Zwischenfälle im Golf von Oman. „Ich glaube, dass die Hauptaufgabe von Außenministern ist, Krieg zu vermeiden“, sagte er.

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