Neuwahl in Israel: Wieder an die Urnen

Die Frist von Regierungschef Netanjahu für eine Koalitionsbildung ist ergebnislos verstrichen. Die Arbeitspartei lehnt seine Angebote ab.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu

Koalitionsbildung gescheitert: Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu Foto: ap

JERUSALEM taz | Am 17. September wird in Israel erneut gewählt. Genau einen Monat nachdem die erst im April gewählten Abgeordneten ihren Eid in der Knesset geleistet hatten, löste sich das Parlament nach einer aufgeregten Debatte am Mittwoch kurz nach Mitternacht wieder auf. Israels amtierender Regierungschef Benjamin Netanjahu konnte den Auftrag von Staatspräsident Reuven Rivlin, eine Regierungsmehrheit zusammenzustellen, nicht fristgerecht erfüllen.

Üblicherweise wird in so einem Fall ein anderer Parlamentarier mit der Mission beauftragt. Um das zu verhindern, trieb Netanjahus Likud-Partei eine Neuwahl voran. „Feiglinge“, nannte Jair Lapid von der Oppositionspartei Blau-Weiß die Abgeordneten des Likud. „Habt Ihr nichts Besseres zu tun, als einem des kriminellen Verhaltens Verdächtigen Immunität zu verschaffen?“

Netanjahu hofft, nach einem erneuten Wahlsieg, eine Gesetzreform durchzusetzen, die dem Regierungschef Immunität verspricht. Ihm drohen drei Anklagen wegen Korruption, Betrug und Bestechung.

Ein einziges Mandat fehlte Netanjahu für eine Mehrheitskoalition. Avigdor Lieberman, ehemals Verteidigungsminister und Chef der national-weltlichen Partei Israel Beitenu, sieht sich selbst zwar als „natürlicher Partner einer rechten Regierung“. Dennoch hielt er an seiner Forderung fest, für ultraorthodoxe Juden dieselben Regeln beim Militärdienst geltend zu machen, wie für weltliche Männer.

Zu Zugeständnissen bereit

Ohne die fünf Abgeordneten, die Lieberman mit in die Knesset brachte, kam Netanjahu nur auf 60 der 120 Sitze. Netanjahu wäre ohne Zweifel zu Zugeständnissen bei der Wehrplicht bereit gewesen, nicht jedoch die beiden ultraorthodoxen Parteien, die zusammen 16 Mandate mitbringen, und mit denen es schon einen Koalitionsvertrag gab. Beide Seiten – die weltliche Israel Beitenu und die ultraorthodoxen Abgeordneten – waren nicht unter einen Hut zu bringen.

Ofer Kasif vom antizionistischen-arabischen Bündnis kritisierte die „verrückte Tagesordnung, die uns Netanjahu auf dem Weg zum Gefängnis diktiert“. Die Bürger Israels interessierten ihn so wenig wie die Besatzung in den Palästinensergebieten.

Ram Ben-Barak von Blau-Weiß forderte Netanjahu auf: „Räum deinen Platz und lass einen anderen ran!“ Im Likud gäbe es andere Kandidaten, um eine Regierung zu bilden. Natürlich stünde auch Benny Gantz, Chef von Blau-Weiß, bereit. „Wir können eine Koalition mit einem Vorsitzenden bilden, dem keine Anklagen drohen, der keine Geschenke in Millionenhöhe angenommen hat, keinen Champagner und keine Zigarren“, meinte Ben-Barak.

Noch wenige Stunden vor Ablauf der Frist versuchte Netanjahu, Blau-Weiß zu spalten, um Abtrünnige für seine Regierung zu gewinnen. Er machte sogar einen Vorstoß bei der Arbeitspartei, die er mit Ministerposten für Justiz und für Finanzen lockte.

Historisches Tief

Die Sozialdemokraten, die bei der Wahl mit nur fünf Mandaten auf ein historisches Tief gefallen waren, ließen sich nicht kaufen. „Wie tief Ihr gesunken seid“, schimpfte Scheli Jechimowitsch von der Arbeitspartei auf die Likud-Abgeordneten und nannte sie „Heuchler“.

Blau-Weiß, die wie der Likud bei der Wahl auf 35 Mandate kam, wäre zu einer Großen Koalition mit dem Likud bereit gewesen, machte jedoch den Abgang Netanjahus zur Bedingung. Ein Zusammengehen würde Sinn machen, denn die Programme der beiden Parteien überschneiden sich in weiten Teilen.

Doch der Likud hält fest zu seinem Chef, für den die Zeit nun knapp werden könnte, um das Immunitätsgesetz rechtzeitig in der nächsten Knesset durchzubringen. Die einer Anklage vorausgehende Anhörung ist schon für Anfang Oktober geplant.

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