Defizitäres Berufsförderungswerk: Privatisierung soll helfen

Der Hamburger Senat will das Berufsbildungswerk privatisieren. Ver.di und Linke befürchten, dass das zulasten der Beschäftigten geht.

Ein Schmetterling aus Blech wird in einem Schraubstock bearbeitet.

Schweißerausbildung: Hier wird ein Schmetterling aus Blech zurechtgefeilt Foto: dpa

HAMBURG taz | Die Ausbildung, Unterstützung und Umschulung von Menschen, die sich auf dem Arbeitsmarkt schwer tun, soll privatisiert werden. Seit einigen Monaten sucht der rot-grüne Senat einen Käufer für das Perspektiv-Kontor (Pepko) – ehemals Berufsförderungswerk. Der Grund: Der Konzern macht Miese.

Die Gewerkschaft Ver.di und Die Linke sprechen von Missmanagement. Sie befürchten, eine Privatisierung könnte zulasten der Belegschaft wie der Klienten gehen. „Öffentliche Daseinsvorsorge gehört in die öffentliche Hand“, findet Angelika Gericke von Ver.di und fragt: „Kann sich Hamburg als ‚Stadt der guten Arbeit‘ leisten, das zu verkaufen?“

Gegründet 1962, stand das Berufsförderungswerk (BFW) schon einmal mit dem Rücken zur Wand: 2013 musste es Insolvenz anmelden. Es entließ die Hälfte seiner damals gut 300 Angestellten, verkaufte die Hälfte seines Grundstücks in Farmsen und wurde zur Pepko-Holding umstrukturiert.

Allein: Die Geschäftszahlen wurden dadurch nicht nachhaltig besser. Ausweislich einer Senatsantwort an Die Linke hat allein das BFW als eine von fünf Gesellschaften der Pepko-Holding in den folgenden Jahren jeweils zwischen 300.000 und 2,6 Millionen Euro Miese gemacht.

Das Perspektiv-Kontor (Pepko) hat gut 500 Beschäftigte und bildet das Dach über vier Firmen mit verschiedenen Zielgruppen:

Berufsförderungswerk (Berufsunfähigkeit); Berufliches Trainingszentrum (nach psychischer Erkrankung); Ausblick (Übergang in den Beruf); Berufsbildungswerk (Ausbildung für Jugendliche).

Als Grund für die schwierige Lage nannte der Senat den Status der Pepko als öffentliches Unternehmen. „Das ist in der Wettbewerbssituation, in der die Pepko-Unternehmen stehen, nicht die beste Lösung“, heißt es in einer Mitteilung an die Belegschaft. Der Senat habe sich für „eine bewusste Freigabe der Unternehmen an den Markt“ entschieden, „um deren Zukunftssicherung zu verbessern“.

Der Senat hofft, dass es für eines der großen privaten Berufsbildungswerke attraktiv sein könnte, sich die Pepko einzuverleiben und damit Zugang zum Hamburger Markt zu haben. Was diese besser machen würden, möchte Carola Ensslen von der Linken „auch gerne wissen“. Sie befürchtet, dass schlicht die Tarifbindung geschleift würde, Arbeitsplätze wegfielen und das Angebot verschlechtert würde.

Ensslens Eindruck nach hat die Pepko ihre Probleme aber zum Teil selbst verschuldet, indem sie sich etwa nicht genügend auf veränderte Anforderungen einstellte. „Es muss ganz massiv an Konzepten und den Angeboten gearbeitet werden“, fordert die Linken-Abgeordnete. Das setze allerdings voraus, dass der Senat bereit wäre, Geld dafür auszugeben.

Eigentlich sei „privat oder öffentlich“ gar nicht die wichtigste Frage, sagt Ver.di-Fachbereichsleiterin Gericke. „Viel wichtiger finde ich zu diskutieren, welche beruflichen Maßnahmen der Senat haben will.“ Zuerst müssten die Anforderungen an die berufliche Rehabilitation festgelegt werden, dann wäre darüber zu sprechen, wie diese erfüllt werden könnten.

Viele Klienten von Pepko seien bei der Ausbildung und beim Berufseinstieg auf eine kontinuierliche Betreuung angewiesen. Schlecht zahlende Anbieter mit befristet Beschäftigten könnten das nicht leisten.

Gericke könnte sich vorstellen, dass die Beschäftigten die Pepko übernehmen und daraus eine Genossenschaft machen. Die Identifikation der Beschäftigten mit ihrem Betrieb sei groß. „Ein öffentliches Unternehmen zu einem Vorzeigeunternehmen zu machen“, schwärmt sie, „es wäre doch klasse, wenn sie das in einem sozialen Randbereich hinbekämen.“

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