Champions-League-Finale: König nach dem siebten Versuch

Der FC Liverpool gewinnt gegen Tottenham Hotspur mit 2:0. Trainer Jürgen Klopp zeigt sich erleichtert und kündigt weitere Erfolge an.

Trainer wird im Stadion von Spielern in die Höhe geworfen

Gutes Gefühl: Jürgen Klopp wird von seinen Spielern getragen Foto: reuters

Ein bisschen wirkte es so, als hätte das Schicksal einen Plan gehabt für Jürgen Klopp und den FC Liverpool, als sollte es einfach sein in diesem Jahr für den deutschen Trainer und seinen englischen Fußballklub. Man muss ja nur einmal zurückschauen, etwas mehr als zwölf Monate. Da verlor die Mannschaft in Kiew das Finale der Champions League 1:3 gegen Real Madrid, weil sich Torjäger Mohamed Salah früh an der Schulter verletzte und unter Tränen ausgewechselt werden musste, und weil Torwart Loris Karius zweimal patzte.

Und jetzt, im Endspiel von Madrid, gegen Tottenham Hotspur? Jetzt gewann Liverpool 2:0, weil das Spiel genau umgekehrt lief. Salah verwandelte in der zweiten Minute einen glücklichen Handelfmeter mit einer Eiseskälte, als hätte es sein Trauma von Kiew nie gegeben. In der Schlussphase rettete der Torwart, mittlerweile der Brasilianer Alisson, den knappen Vorsprung mit mehreren guten Paraden, ehe der eingewechselte Divock Origi den Endstand herstellte.

Es war kein besonders unterhaltsames Spiel in der drückenden Hitze der spanischen Hauptstadt, im Gegenteil. Doch das war egal, weil Liverpool am Ende den ersehnten sechsten Titel im Europapokal der Landesmeister und der Champions League feiern durfte – und weil Trainer Klopp endlich von seinem Final-Fluch erlöst wurde.

Er gewann endlich mal wieder ein Endspiel, nach zuletzt sechs Fehlversuchen nacheinander, drei davon mit seinem Ex-Verein Borussia Dortmund, drei mit seiner neuen Liebe, dem FC Liverpool. “Wir haben viel darüber gesprochen, dass ich in mehr Finals war als ich gewonnen habe, aber wir haben immer besseren Fußball gespielt. Heute ging es nur um das Ergebnis“, sagte er, als er nach Mitternacht im gut gekühlten Pressesaal des Metropolitano-Stadions saß.

Unbeschwerte Freude

Klopp wirkte ruhig und gelassen nach dem größten Titelgewinn seiner Karriere. Viel ruhiger, als er es selbst erwartet hatte, wie er sagte. Er sei in erster Linie erleichtert, vor allem wegen seiner Familie, die jetzt nicht mehr mit einem Zweitplatzierten in den Urlaub fliegen müsse, anders als in vergangenen Jahren. Aber natürlich war es auch Erleichterung in eigener Sache.

Die verlorenen Endspiele und die Debatte, ob er vielleicht doch kein so toller Trainer sei – das dürfte ihn mehr genervt haben als er zugeben würde. Welche Last von ihm abfiel mit dem Sieg in Madrid, war nach der Pokalübergabe zu sehen. Es flossen Tränen, bei einigen Spielern wie Kapitän Jordan Henderson und wohl auch bei Klopp. Als ihn die Mannschaft auf den Händen vor die Kurve der Liverpool-Fans trug und in die Luft warf, zwei, drei, vier Mal, war bei ihm eine kindliche, eine unbeschwerte Freude zu beobachten.

Mit dem Gewinn der Champions League hat Klopp in Liverpool sein Ziel erreicht. Zur Erinnerung: Als er im Oktober 2015 den Dienst antrat, stellte er einen Titel innerhalb von vier Jahren in Aussicht. Der Triumph von Madrid wirkt wie der Abschluss eines Kapitels. Klopp hat den einstigen englischen Rekordmeister seit seiner Ankunft aus der Lethargie geholt und in ein paar Endspiele geführt.

In diesem Jahr hat er ihn wieder dorthin gebracht, wo er nach eigenem Selbstverständnis hingehört, nämlich auf Europas Fußball-Thron, auch dank der teuren Anschaffungen von Torwart Alisson und Innenverteidiger Virgil Van Dijk, der gegen Tottenham wieder einmal überragend war.

Beste Zeit kommt noch

Doch der Erfolg in der Königsklasse soll längst nicht der letzte Titel gewesen sein für Klopp und den neuen, alten FC Liverpool. Das hat der Trainer noch in der Stunde des Sieges klargemacht. „Jetzt haben wir etwas gewonnen, und wir werden weitermachen. Das ist erst der Anfang für diese Gruppe. Sie haben die beste Zeit ihrer Karriere alle noch vor sich“, sagte er. In der Tat: Alisson ist mit 26 Jahren noch weit entfernt von dem, was man als bestes Torhüter-Alter bezeichnet. Van Dijk ist 27, der in Liverpool geborene Rechtsverteidiger Trent Alexander-Arnold, bekannt durch seinen Ecken-Trick im Halbfinale gegen den FC Barcelona, ist erst 20. Die Angreifer Roberto Firmino und Sadio Mané sind 27, Salah ist 26.

Auch gibt es in Liverpools Team keine Position, die dringend verstärkt werden muss. Dem Mittelfeld würde ein bisschen mehr Kreativität gut tun, und ein zweiter Innenverteidiger von gehobenem internationalem Format könnte nicht schaden. Doch das sind Details.

Grundsätzlich gilt, dass Klopp im Moment eine Mannschaft verantwortet, die in dieser Zusammensetzung über Jahre um den Titel in der Champions League mitspielen kann, und die auch in der Premier League alles versuchen wird, um das übermächtige Manchester City von der Spitze zu verdrängen. In der gerade zu Ende gegangenen Saison hätte das fast geklappt. Liverpool wurde mit nur einer Niederlage der beste Vizemeister, den es jemals gab. In der kommenden Spielzeit wird der Klub einen neuen Versuch auf die erste Meisterschaft seit 30 Jahren unternehmen.

Klopp berichtete im Pressesaal des Metropolitano-Stadions noch, dass auch City-Trainer Pep Guardiola schon am Telefon gratuliert habe. Klopp sagte: „Wir haben einander versprochen, dass wir uns in der nächsten Saison wieder in den Hintern treten werden. Wir werden alles versuchen und sehen, ob wir etwas bekommen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.