Kommentar Wahl in Spanien: Katalonien lässt sich nicht aussitzen

Wie und mit wem macht Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez weiter? Wer glaubt, er könne den Konflikt um Katalonien ignorieren, irrt.

Pedro Sanchez steht auf einer Bühne und winkt

Wie Sánchez weitermacht – und vor allem mit wem und wofür – ist die große Frage Foto: ap

Es kam weniger schlimm als befürchtet. Die rechtsextreme Partei Vox ist bei den Wahlen am Sonntag zwar ins spanische Parlament eingezogen, aber bei weitem nicht mit der Stärke, die viele Umfragen befürchten ließen. Und besser noch: Die drei Rechtsparteien, neben Vox die konservative Partido Popular (PP) und die rechtsliberalen Ciudadanos (Cs), summieren nicht zu einer Regierungsmehrheit. Spaniens Sozialistenchef Pedro Sánchez bleibt Ministerpräsident.

Doch damit sind alle Sicherheiten auch schon aufgezählt. Denn wie Sánchez weitermacht – und vor allem mit wem und wofür – ist die große Frage. Er hat zwei Möglichkeiten. Zum einen könnte er auf Cs zugehen. Zwar kündigte deren Anführer Albert Rivera am Wahlabend einmal mehr an, in die Opposition zu gehen, doch wer Rivera und seine bisherige Politik beobachtet hat, weiss, dass dieser seine Meinung gerne ändert, wenn es nur die Richtigen von ihm verlangen.

Und das ist bereits geschehen. Die Wirtschaftspresse, die die Interessen der spanischen Großunternehmen vertritt, forderte Rivera schon in den Ausgaben vom Montag auf, sich mit Sánchez zusammenzuschließen. Cs als Juniorpartner würde weitere Steuererleichterungen und Arbeitsmarktreformen im Interesse der Wirtschaft bedeuten.

Doch das wäre von Seiten Sánchez' ein Betrug am Wähler. Denn er hatte im Wahlkampf eine sozialere Regierung und die Rücknahme eines erheblichen Teils der Sparpolitik versprochen. Genau das brachte ihm den ersten Sieg der Sozialisten seit 11 Jahren ein. Auch dafür gibt es eine Mehrheit: Sánchez könnte seine Versprechen zusammen mit den Linksalternativen von Unidas Podemos umsetzten.

Der Konflikt wird nicht verschwinden

Sicher, er braucht dafür auch die Stimmen von Regionalparteien, darunter der der Katalanen. Leicht wird eine solche Regierungsbildung nicht, denn die Katalanen wollen eine Lösung für ihr Anliegen. Auch deshalb könnte Sánchez und Rivera versucht sein, letztendlich doch zu paktieren.

Doch wer glaubt, er könne den Katalonienkonflikt ignorieren, weil die Katalanen in einer Koalition der Sozialisten mit den betont antikatalanischen Cs keinen Einfluss auf die Regierung haben, täuscht. Das Thema Katalonien lässt sich nicht aussitzen. Der Konflikt kann nicht jahrelang verschleppt werden. Und er wird auch nicht einfach wieder verschwinden, als wäre nie etwas gewesen.

Der schwierigere Weg ist in diesem Fall der bessere. Ein ständiger Dialog, wie er für das Zustandekommen einer Linksregierung notwendig wäre, ist eine Herausforderung – aber auch eine große Chance für ein neues Spanien, in dem alle Platz haben.

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Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

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