Hauptversammlung des Energiekonzerns: RWE verspricht, öko zu werden

Auf seiner Hauptversammlung zeigt sich RWE kompromissbereit. Für Tagebaue will er aber weiter Dörfer abreißen.

DemonstrantInnen vor der RWE-Hauptversammlung

RWE? Öko? Das wird nichts, meinen so manche DemonstrantInnen Foto: dpa

ESSEN taz | Tausende junge Leute von Fridays for Future, dazu Anwohner*innen des rheinischen ­Braunkohlereviers, Waldschützer*innen und Atom­kraft­gegner*innen: Vor der Hauptversammlung des Kohle- und Atomstromkonzerns RWE am Freitag in der Essener Grugahalle war der Protest unübersehbar.

„Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“ und „Kohlebagger raus aus dem Rheinland“ skandierten die Demonstrant*innen bei starker Polizeipräsenz und machten so Druck auf das Unternehmen, das zwischen Köln und Aachen nicht nur große Teile des Hambacher Walds, sondern auch Dörfer, Flüsse und damit ganze Landstriche entweder bereits zerstört hat oder weiter bedroht.

Unüberhörbar war der Protest auch in der Grugahalle: „Kein Konzern in ganz Europa trägt mehr Verantwortung für die Klimakrise als RWE“, hielt die Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer, die vielen als deutsches „Gesicht“ von Fridays for Future gilt, den Investor*innen vor: Die trügen „Verantwortung für das Desaster, das heute schon an den planetaren Grenzen rüttelt“, verkauften „ihre Verantwortung für ein paar Cent Rendite“, klagte Neubauer, die wie viele weitere Akti­vist*innen dank Übertragung des Rederechts kritischer Aktionär*innen bei der Hauptversammlung sprechen konnte.

Denn trotz Abschaltung unrentabler Kraftwerksblöcke ist RWE Europas Klimakiller Nummer 1. Rund 118 Millionen Tonnen des Treibhausgases CO2 hat der Konzern allein 2018 in die Atmosphäre geblasen. Davon entfielen mehr als 58 Millionen Tonnen auf die beiden Kraftwerke Neurath und Niederaußem im rheinischen Revier – Braunkohle ist der klimaschädlichste Energieträger überhaupt.

Die Vision der „neuen RWE“

Für die Menschen in den durch die bis zu 500 Meter tiefen Tagebaue Hambach und Garzweiler von „Devastierung“ bedrohten Dörfer berichtete Marita Dresen vom „Psychoterror“ der RWE: „Riesige Bagger erleuchten unser Land rund um die Uhr taghell“, klagte die 52-Jährige, deren Familie seit 1863 auf einem Bauernhof in Kuckum lebt. „Wir werden gegen unseren Willen von RWE aus unserer Heimat vertrieben“, sagte Dresen. Doch trotz Ausstiegsempfehlung der Kohlekommission schaffe RWE nicht nur mit dem Abriss der Dörfer, sondern auch am Hambacher Wald Fakten, warnte auch der Waldpädagoge Michael Zobel: „Vor einem halben Jahr waren die Bagger auf der obersten Sohle noch 600 Meter vom Wald entfernt“, kritisierte Zobel: „Jetzt sind es noch 120 Meter.“

RWE-Vorstandschef Rolf Martin Schmitz dagegen hatte sich in seiner Auftaktrede nur formell verhandlungsbereit gezeigt. „RWE steht zu den natio­nalen und europäischen Klimaschutzzielen“, versicherte Schmitz, der in der vergangenen Woche verkündet hatte, nicht mehr in neue Kohlekraftwerke investieren zu wollen. Die Übernahme des Ökostromgeschäfts des Konkurrenten Eon hatte der Vorstandsvorsitzende schon im März 2018 bekannt gegeben. „Sauberen und sicheren Strom zu erzeugen – dieses Ziel treibt uns an“, beteuerte Schmitz deshalb.

Noch heute stammten 12 Prozent des RWE-Stroms aus Atomkraft – und 38 Prozent aus Braun- sowie 16 Prozent aus Steinkohle.

Von einem Ende des Abrisses ganzer Dörfer wollte der Vorstand aber ebenso wenig wissen wie von einer Bestandsgarantie für den Hambacher Wald über den Herbst 2020 hinaus – und erntete heftige Kritik vonseiten wichtiger Investoren: Der Vorstandschef produziere damit einen „Reputationsschaden“, statt „RWE möglichst schnell in eine kohlefreie Zukunft“ zu führen, meinte etwa Winfried Mathes von der Sparkassentochter Deka Investment. Mathes warb deshalb dafür, den RWE-Vorstand nicht zu entlasten.

Kritisiert wurde der Konzern auch von Atomkraft­geg­ne­r*innen. Solange RWE die Atomkraftwerke Emsland und Gundremmingen weiterbetreibe und ein Sechstel des einzigen deutschen Urananreicherers Urenco halte, bleibe die Vision der „neuen RWE“ nicht mehr als eine Fiktion, meinte Matthias Eickhoff vom Aktions­bündnis Münsterland gegen Atomanlagen. Noch heute stammten 12 Prozent des RWE-Stroms aus Atomkraft – und 38 Prozent aus Braun- sowie 16 Prozent aus Steinkohle.

„Wir schauen nicht tatenlos zu, wie Konzerne unsere Zukunft verfeuern“, erklärte deshalb Kathrin Henneberger, Sprecherin der Klimaschützer*innen von Ende Gelände, die in den Braunkohlerevieren immer wieder Tagebaue besetzen. Die nächsten „Massenaktionen des zivilen Ungehorsams“ werde es ab dem Juni 2019 im Rheinland geben: „Wir Klimaaktivisten werden Verantwortung übernehmen, die Notbremse ziehen und RWEs Braunkohletagebaue stilllegen.“

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