Das letzte Luftschloss

VERTANE CHANCE Das Wohnhaus des Künstlers Wenzel Hablik in Itzehoe stand zum Verkauf und hätte zum Museum werden können. Es gab Sponsoren, doch das Konzept scheiterte an der Kommunalpolitik

Die Stadt hätte nicht mehr zahlen müssen. Trotzdem fehlte die Mehrheit im Stadtrat

Wenzel Hablik hatte wilde Ideen und Gedanken: Abstrakte Bauten in expressiven, leuchtenden Farben, ganze Stadtentwürfe in fernen Sonnensystemen, eine utopische Architektur. Er plante Luftschlösser – von denen er nur ein einziges realisierte: Sein eigenes Wohnhaus. In Itzehoe, in der Talstraße 14.

„Genau in diesem Haus hat sich sein künstlerisches Leben abgespielt, genau da wären die Exponate authentisch“, sagt der Vorsitzende der Wenzel-Hablik-Stiftung Harald Brommer. Die Stiftung betreibt das bereits seit 1995 bestehende Wenzel-Hablik-Museum in einem alten Kaufmannshaus. Brommer versucht seit Jahre das Künstlerhaus zu kaufen – doch als es eine Chance gab, scheiterte das Vorhaben – an der Stadt Itzehoe.

Wenzel Hablik war ein Mitglied der Künstlergemeinschaft „Gläserne Kette“, der von Architekt und Stadtplaner Bruno Taut ins Leben gerufen auch Bauhaus-Gründer Walter Gropius angehörte. Habliks Werke sind beeinflusst von Jugendstil, Expressionismus und Symbolismus. Im Haus in der Itzehoer Talstraße lebte der 1881 in Böhmen geborene Künstler ab 1917. Dort wandte sich Hablik besonders der Textil-Kunst zu, hier gestaltete er auch Mobiliar, Tapeten, Wandbehänge, Holz-, Keramik- und verschiedene Metallarbeiten.

Dieses Haus boten die Erben des Künstlers zum Verkauf an. Die Stiftung reagiert und schmiedet Pläne: „Wir wären aus dem jetzigen Museum ausgezogen, wollten die Wohnung in der Talstraße als Künstlerhaus gestalten und so das Gesamtwerk verständlicher machen“, sagt Brommer.

Die Stiftung gab Gutachten in Auftrag, organisierte Fördergelder. Die Hermann-Reemtsma-Stiftung und weitere Partner erklärten sich bereit, die auf ungefähr eine Millionen Euro geschätzten Kosten zu übernehmen. Doch mehrere von der Stiftung erarbeitete Konzepte scheiterten. Zuletzt, weil die Stadt Itzehoe lange zögerte, das Projekt zu unterstützen. Das aber war Bedingung für das Engagement der Reemtsma-Stiftung.

Dabei hätte die Kommune nicht mehr zahlen müssen als bisher. Das Kaufmannshaus, in dem sich das Hablik-Museum befindet, gehört der Stadt. Außerdem ist sie Ko-Finanzier: Es gibt jährlich wechselnde Zuwendungen, meist zwischen 27.000 und 45.000 Euro. Ursprünglich hatte die Kommune dem Projekt zugestimmt.

Doch die Stadt sagte die entscheidende Ratsversammlung ab. Grund hierfür sei, dass verschiedene Vorgespräche keine Mehrheit für das Projekt ergeben hätten, erklärte damals Bürgermeister Andreas Koeppen. Die Folge: Die Möbel mussten raus aus Habliks Wohnhaus, sie stehen jetzt in einem Speicher der Stiftung.

Mittlerweile ist die Reemtsma-Stiftung abgesprungen, und ein Privatier hat das Haus gekauft. „Eine vergebene Chance, das Thema ist nun tot“, sagt der Stiftungsvorsitzende. „Mir ist nicht ein einziges kultur- oder stadtentwicklungspolitisches Argument genannt worden“, sagt Brommer. Der Vorgang sei „ein Unding, besonders weil hier eine Chance lag, Itzehoe überregional bekannter zu machen“. Bürgermeister Andreas Koeppen wollte die Anschuldigungen der Stiftung auf taz-Nachfrage nicht kommentieren. ARNE SCHRADER