Fall des Psychiatrie-Patienten Mbobda: Er wollte Hilfe, und er fand den Tod

Tonou Mbobda stirbt im Hamburger Uni-Krankenhaus. Zuvor soll ihn das Sicherheitspersonal rassistisch beleidigt und brutal geschlagen haben.

Trauernde Menschen der afrikanischen Community Hamburgs bei Trauerfeier für den verstorbenenTonou Mbobda halten Plakate mit der Aufschrift "Wir fordern Gerechtigkeit".

Zur Gedenkveranstaltung für Tonou Mbobda kamen mehr als hundert Menschen Foto: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Fünf Tage haben Familie und Freunde von Tonou Mbobda ­gehofft und gebangt. Freitag kam die Nachricht: Er ist tot. Nach einem von Augenzeugen als äußerst brutal beschriebenen Übergriff im Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) durch drei Sicherheitsangestellte starb der 34-jährige gebürtige Kameruner. Und nicht nur das unmittelbare Umfeld des Toten sagt: Mbobda ist ein Opfer einer rassistisch motivierten Tat. „Wir wollen Gerechtigkeit, denn es hätte jede*n von uns als Schwarze Menschen treffen können“, sagte ein Sprecher der Aktivist*innengruppe Black Community Hamburg am Sonntag bei einer Gedenkkundgebung vor dem UKE.

Am Ostersonntag befand sich der 34-Jährige auf freiwilliger Basis zur Behandlung in der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses. Sein Zustand soll sich im Verlauf der Behandlung verschlechtert haben, sodass die diensthabende Ärztin einen vorläufigen Unterbringungsbeschluss beantragte, wie die Hamburger Polizei mitteilte.

Bevor der Beschluss vorlag, saß der Mann vor dem Gebäude und rauchte eine Zigarette. Drei Sicherheitsmitarbeiter des UKE sollten ihn auf die Station zurückführen. Da er sich weigerte, fixierten ihn die Männer gegen seinen Willen, eine Ärztin verabreichte ihm Beruhigungsmittel. Dabei verlor der Mann das Bewusstsein. Er musste wiederbelebt werden und wurde ins künstliche Koma versetzt – aus dem er nicht wieder aufwachte.

Laut der Hamburger Polizei sei die Todesursache momentan noch unbekannt. Allerdings ermittle das Landeskriminalamt (LKA) wegen Verdachts auf Körperverletzung mit Todesfolge. Mehrere Augenzeugen berichten von Schlägen und Tritten gegen den wehrlos am Boden liegenden Mann.

Bei Trauerfeier sprechen auch Augenzeugen

Während der gestrigen Gedenkveranstaltung schilderten zwei Personen, wie sie den Vorfall gesehen haben. „Sie haben ihn gepackt und, ohne ein Wort zu sagen, auf dem Boden fixiert“, sagt der eine. „Dann haben sie geschlagen und getreten, immer wieder mit dem Knie in die Nieren“, sagt der andere. Eine dritte Person berichtete, wie ihre Mutter den Vorfall gesehen habe. Es waren diese Augenzeugen, die nach dem Übergriff die Polizei riefen. Ob ohne sie jemand vom Vorfall erfahren hätte, ist eine Frage, die bei der Gedenkveranstaltung die Trauer mit Wut mischt.

Zur Gedenkveranstaltung waren mehr als hundert Menschen gekommen, um Blumen und Kerzen an vor Ort niederzulegen. Immer wieder riefen sie: „Wir wollen Gerechtigkeit!“ Und immer wieder fielen während der Redebeiträge die Namen von Oury Jalloh und Achidi John. Jalloh war 2005 im Dessauer Polizeigewahrsam verstorben, John 2001 nach einem Brechmittel­einsatz der Polizei in Hamburg.

Der Cousin von Tonou Mbobda beschrieb ihn als friedlichen Menschen. 2009 kam er nach Deutschland und begann ein Ingenieurstudium. Besonders schlimm sei es für die Familie, dass bisher niemand vom Krankenhaus bei ihnen ihr Beileid ausgedrückt habe. Das UKE äußert sich mit Verweis auf den Datenschutz sowie die laufenden Ermittlungen nur sehr vage, bestätigte bisher lediglich, dass der 34-Jährige nach der Fixierung durch den Sicherheitsdienst „aus bisher ungeklärten Umständen zusätzliche medizinische Hilfe benötigte“.

Der Vorfall beschäftigt bereits die Hamburger Bürgerschaft. Verantwortliche des UKE sollen sich in der kommenden Sitzung des parlamentarischen Gesundheitsausschusses zu dem Vorfall äußern, fordert die Linksfraktion. Bereits geäußert hat sich ein Mitarbeiter des UKE gegenüber der taz, der anonym bleiben will. Es gebe rassistische Ressentiments beim Sicherheitsdienst, Witze über Schwarze seien an der Tagesordnung: „Wenn es kein Schwarzer gewesen wäre, wären sie nicht so hart rangegangen“, sagte er.

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