Deutsches Autokartell: Schon wieder Diesel-Schummel

BMW, Daimler und VW haben sich nach Erkenntnissen der EU-Wettbewerbshüter zu Technologien der Abgasreinigung abgesprochen. Das war illegal.

Auspuff von Dieselmotoren

Im Visier der EU-Kommission: BMW, Volkswagen und Daimler und ihre Abgasreinigung Foto: ap

BRÜSSEL/BERLIN dpa/taz | Wegen der Abgasaffäre haben die deutschen Autobauer bereits seit Jahren mit gewaltigen Problemen zu kämpfen. Nun könnte es für sie noch teurer werden.

Die deutschen Autobauer BMW, Daimler und VW haben nach Erkenntnissen der EU-Wettbewerbshüter illegale Absprachen zu Technologien der Abgasreinigung getroffen. Dies teilte die EU-Kommission am Freitag in Brüssel auf Basis eines vorläufigen Ergebnisses der Ermittlungen mit. Die Unternehmen können nun zu den Vorwürfen noch Stellung nehmen. Ihnen droht eine Strafe in Milliardenhöhe.

Die EU-Kommission hatte 2017 Voruntersuchungen bei den Autobauern begonnen und war auch bei den Herstellern vorstellig geworden. Die formelle Untersuchung hatte sie 2018 eingeleitet.

Im Einzelnen sollen sich nach den Erkenntnissen der EU-Kommission die Autobauer bei der Einführung von SCR-Katalysatoren für Dieselmotoren und von Feinstaub-Partikelfiltern für Benzinmotoren (OPF) abgesprochen haben. Das ist nach dem Kartellrecht aber nicht erlaubt. Diese Absprachen seien bei Treffen der Automobilhersteller in den sogenannten 5er-Kreisen getroffen worden.

Verstoß gegen europäisches Kartellrecht

Die Unternehmen hätten den Innovationswettbewerb in Europa bei diesen beiden Abgasreinigungssystemen eingeschränkt und den Verbrauchern somit die Möglichkeit verwehrt, umweltfreundlichere Fahrzeuge zu kaufen. Dabei sollen sie über die entsprechende Technologie verfügt haben, berichten die Wettbewerbshüter. Sollte sich der Verdacht endgültig bestätigen, wäre es ein Verstoß gegen europäisches Kartellrecht – auch wenn es sich nicht um Preisabsprachen handele.

Daimler rechnet trotz der Vorwürfe nicht damit, ein Bußgeld zahlen zu müssen. „Daimler hat frühzeitig und umfassend mit der Europäischen Kommission als Kronzeuge kooperiert und erwartet in dieser Sache deshalb kein Bußgeld“, teilte der Autobauer am Freitag mit.

Sowohl Daimler als auch Volkswagen hatten nach Bekanntwerden der Vorwürfe im vergangenen Jahr den Antrag auf Kronzeugenregelung gestellt. Der Kronzeuge in Kartellverfahren kann auf den größten Straferlass oder gar Straffreiheit hoffen. Im äußersten Fall können hingegen bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes fällig werden.

Man habe Kenntnis über den Erlass der Beschwerdepunkte und warte auf die förmliche Zustellung, hieß es von Daimler. Darüber hinaus äußere man sich nicht, da es sich um ein laufendes Verfahren handele.

VW will Beschwerde prüfen

Volkswagen kündigte an, die Beschwerde zu prüfen. Erst nach Auswertung der Untersuchungsakte werde man sich äußern, teilte der Konzern mit. Nach VW-Einschätzung erkennt die Kommission „grundsätzlich an, dass Kooperationen zwischen Herstellern zu technischen Fragen in der Automobilindustrie weltweit üblich sind“.

„Die EU Wettbewerbshüter liefern einen weiteren klaren Beleg dafür, wie tief die deutsche Autobranche durch ihre Konzernspitzen in einen Sumpf von Betrügereien und Täuschung geritten wurde“, kritisiert Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Die Konzernbosse der großen Autokonzerne hätten systematisch zu Lasten von Umwelt und Verbrauchern betrogen. Dieses Handeln müsse klare Konsequenzen haben.

Hofreiter kritisierte auch die Bundesregierung. Vor allem CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer habe „die Betrügereien der Konzernmanager lange gedeckt und danach statt konsequenter Aufklärung auf Kumpanei und Vertuschung“ gesetzt.

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