Projekt schützt bedrohte Wildblumen: Das Grüne muss ins Braune

Saisonauftakt in Marzahn: Beim Projekt „Urbanität & Vielfalt“ retten Teilnehmer*innen seltene und bedrohte regionale Wildblumensorten.

Engagierte des Projekts Urbanität & Vielfalt setzen Wildpflanzen in ein Beet im Kienbergpark in Marzahn

Pflanzen statt Kälte: Engagierte am Samstag in Mazahn Foto: Charlotte Keyßer

BERLIN taz | Zwei Menschen beugen sich über ein Klümpchen Moos, inspizieren es und tauschen Fachbegriffe aus. Ihre Hände sind rot vor Kälte, unter den Nägeln klebt schwarze Erde. Als der richtige Name für das Gewächs fällt, wird es behutsam wieder in die Erde gedrückt.

Es ist Samstag, Saisonauftakt des Projekts Urbanität & Vielfalt (U&V) im Marzahner Kienbergpark, dem IGA-Gelände von 2017. Ein Frühlingspicknick mit Pflanzaktion war angekündigt, von Frühling ist aber bei frischen 7 Grad und wolkenverhangenem Himmel nicht viel zu spüren. Die Besucher*innen machen sich trotzdem eifrig ans Bepflanzen der quadratischen Beete. Es gibt Infos, Essen und Livemusik, die Kinder bekommen am Schminkstand Wildblumen auf die Wangen gemalt und können Pflanzensamen unter dem Mikroskop betrachten.

Im Jahr 2016 gründete Michael Burkart, Kustos des botanischen Gartens der Universität Potsdam, das Projekt U&V, das es nicht nur in Berlin, sondern auch in Brandenburg, Marburg und Dresden gibt. Ziel ist es, die Bestände seltener und bedrohter regionaler Wildpflanzenarten zu stärken. Konkret geht es um 34 Arten, die in den Städten wieder angesiedelt werden sollen, gleichzeitig aber auch um Wissenstransfer und das aktive Einbinden der Bürger*innen.

Das funktioniere mittlerweile gut, betont Anika Dreilich, wissenschaftliche Projektkoordinatorin: „Die Leute schauen in ihrem Alltag, was wo wächst. Wir bekommen häufig Fotos geschickt, und dann heißt es: ‚Was hab ich denn hier gefunden? Ist das etwas Seltenes, Besonderes?‘“ Das Interesse an dem „kleinen, versteckten Grün“ sei mittlerweile stark gewachsen, so Dreilich.

Wer sich bei U&V anmeldet, wird Pflanzenpat*in, kann die Gewächse also mit nach Hause nehmen oder bekommt ein Beet auf der „Archefläche“ im Kienbergpark. Mittlerweile verzeichnet das Projekt allein in Berlin über 900 Anmeldungen – nicht nur von Einzelpersonen, sondern auch von Schulklassen, Vereinen und Unternehmen.

Wer sich anmeldet, kann die Gewächse mitnehmen oder bekommt ein Beet

Die Archefläche besteht aus ordentlich angelegten, nummerierten und beschrifteten Beeten. Die Pflanzaktion verläuft nach klaren Regeln: Welche Gewächse wohin gehören, darüber führt Dreilich Liste. Sie läuft mit einem Klemmbrett zwischen den Quadraten hin und her, um Fragen zu beantworten.

Über 40 Veranstaltungen sind geplant

Über einem der Beete kniet Ronald Kruwinus. Er engagiert sich im Arbeitskreis von U&V, den die Koordinator*innen gegründet haben, um ihr Engagement für die Zukunft abzusichern: Denn die Förderung des Bundesamts für Naturschutz, aus der sich U&V finanziert, muss regelmäßig neu beantragt werden.

Der Arbeitskreis trifft sich einmal im Monat, um Aktionen zu planen. Kruwinus ist selbst Ökologe, hält es aber für wichtig, dass sich auch Fachfremde engagieren: „Gerade für solche, die sich normalerweise gar nicht mit der Thematik beschäftigen, bietet das Projekt eine konkrete Handlungsperspektive.“

Dreilich hat an diesem Samstag auf größeren Zulauf gehofft, macht für die beschauliche Teilnehmer*innenzahl aber das Wetter verantwortlich. Für die Saison sind über 40 Veranstaltungen und Aktionen geplant, darunter Biotop-Pflegemaßnahmen und Workshops. So wird noch jedes bedrohte Gewächs seinen Platz auf der Archefläche finden.

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