CO2-Vermeidung im Verkehr: Klimastudien in der Schublade

Das Bundesverkehrsministerium verzichtet bei mehreren wissenschaftlichen Analysen auf eine Veröffentlichung. Das stößt bei den Grünen auf Kritik

Der Liegewagen eines Zuges

Auch eine Studie zur Entwicklung eines attraktiven Nachzugsystems von 2017 wurde bisher noch nicht veröffentlicht Foto: dpa

Im aktuellen Streit über Klimaschutz im Verkehr müsste das von Andreas Scheuer (CSU) geleitete Verkehrsministerium eigentlich gut vorbereitet sein: 18 wissenschaftliche Studien zu diesem Themenkomplex hat das Ministerium seit Januar 2017 in Auftrag gegeben, weitere 15 schon früher begonnene Studien wurden seitdem abgeschlossen. Das Budget für diese wissenschaftliche Expertise liegt bei über 9 Millionen Euro.

Tatsächlich kann die Expertise aus den ­Untersuchungen aber zum Großteil nicht genutzt werden. Denn von den 33 Studien sind bisher ganze fünf veröffentlicht worden. Das geht aus der Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die der taz vorliegt. In zehn Fällen liegt die fehlende Veröffentlichung daran, dass die Studien noch nicht abgeschlossen sind. Bei sieben weiteren, deren Laufzeit im letzten Jahr endete, liegt der Abschlussbericht noch nicht vor oder wurde vom Ministerium „noch nicht abgenommen“, schreibt Staatssekretär Steffen Bilger (CDU).

Doch auch elf Studien, die abgeschlossen und abgenommen sind, werden der Öffentlichkeit vorenthalten. Bei fünf von ihnen ist eine Veröffentlichung laut Ministerium noch geplant – etwa bei einer im November 2017 fertiggestellten Analyse zur „Entwicklung eines attraktiven europäischen Nachtzugsystems“.

Weitere sechs fertige Studien sollen offenbar überhaupt nicht veröffentlicht werden: Hier findet sich in der Auflistung des Ministeriums nur der Hinweis „nicht veröffentlicht“. Darunter sind so interessante Themen wie „Importoptionen erneuerbarer Energien für LKW, Binnen- und Seeschiffe sowie Flugzeuge“ oder „Maßnahmen zur Steigerung des Anteils des Schienenpersonenverkehrs in der Fläche“.

Konkrete Gründe, warum die Studien nicht publiziert wurden, nennt Verkehrsstaatssekretär Bilger in seiner Antwort nicht. „In einigen Fällen wird davon abgesehen, weil die Studien z. B. ausschließlich der internen Vorbereitung dienen“, schreibt er lediglich. Eine taz-Anfrage nach der Begründung für die Nichtveröffentlichung beantwortete das Ministerium bis Montagnachmittag nicht.

Der wissenschaftspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Kai Gehring, übte scharfe Kritik an der Praxis des Verkehrsministeriums. „Die Anfrage bringt ans Licht, dass Scheuers Ministerium auf einem dicken Stapel von Studien zum Klimaschutz sitzt, diese jedoch nicht herausrückt und die Ergebnisse ignoriert“, sagte er der taz. Stattdessen müssten wissenschaftliche Erkenntnisse etwa zum Ausbau des Bahnverkehrs schnell in die Politik einfließen. „Wenn Forschung öffentlich finanziert wird, müssen auch die Ergebnisse zugänglich sein“, forderte Gehring.

Update 26.3., 15 Uhr: Inzwischen hat sich das Verkehrsministerium zur Nicht-Veröffentlichung der Studien geäußert. Eine Analyse zur Verlagerung von Straßengüterverkehre müsse „überarbeitet werden, um die Ergebnisse an aktuelle Entwicklungen anzupassen“, teilte eine Sprecherin mit. Bei fünf weiteren Studien werde eine „Veröffentlichung geprüft“. Unter anderem müssten vor einer Veröffentlichung „eventuelle Rechte Dritter oder mögliche aktuelle Entwicklungen“ geprüft werden. Bei den Studien, bei denen eine Veröffentlichung geplant, aber teils seit zwei Jahren noch nicht erfolgt sei, solle diese „zeitnah“ erfolgen, hieß es nun. Was das genau heißt, blieb offen. Eine Herausgabe an die Presse sei vor der offiziellen Veröffentlichung nicht möglich, so das Ministerium. Ob eine Herausgabe aufgrund eines Antrags nach dem Informationsfreiheitsgesetz möglich sein, müsse jeweils einzeln geprüft werden.

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